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Vom Korn zum Dönerbrot – Experte sieht große Wissenlücken

Kindern und Erwachsenen mangelt es nach Worten eines Experten an landwirtschaftlichem Wissen. “Der Zusammenhang zwischen dem Korn auf dem Feld und dem Dönerbrot wird oft nicht mehr hergestellt”, sagte Agrarwissenschaftler und Bildungsreferent Tobias Wilke der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er leitet auf der Grünen Woche in Berlin den traditionellen Wissenshof. Hier können sich vor allem Schulklassen, aber auch andere Messebesucher lebensnah über landwirtschaftliche Prozesse informieren. Die Grüne Woche findet noch bis Sonntag statt.

Seit 50 Jahren nehme das Wissen über landwirtschaftliche Prozesse kontinuierlich ab, sagte Wilke. Das hänge damit zusammen, dass immer weniger Menschen die Gelegenheit hätten, die Leistungen der Landwirtschaft direkt zu erleben und im wahrsten Sinne des Wortes zu erfassen. Die Auswahl in deutschen Supermärkten sei riesig; wo die Produkte herkämen, werde dagegen oft nicht hinterfragt.

Angesichts der Bauernproteste in den vergangenen Wochen wünsche er sich grundsätzlich mehr Wertschätzung: “Die Priorität der Verbraucher liegt größtenteils nicht bei regionaler Landwirtschaft”, sagte Wilke. Das werde zwar gesagt. “Aber im Supermarkt entscheiden sich eben die meisten Menschen für die billigsten Produkt – egal wo sie herkommen.”

Mehr Wissen könne auch zu einer höheren Wertschätzung von Landwirtschaft allgemein beitragen, sagte Wilke. Der Bauer gelte in der Öffentlichkeit spätestens seit der TV-Serie “Bauer sucht Frau” als “ziemlich dumm und simpel”. Dabei sei Landwirt ein anspruchsvoller Beruf. “Man muss gleichzeitig Betriebswirt, Jurist, Biologe, Chemiker und Physiker sein”, sagte er. Zudem sei der Beruf körperlich anstrengend.

“Auch wenn bei uns immer weniger Menschen Landwirte werden: Ein Drittel der Menschen auf dieser Welt sind Bauern”, sagte Wilke, der Bildungsreferent beim Verein information.medien.agrar ist. Dieser wurde vor 60 Jahren gegründet, um einer Entfremdung zwischen Stadt und Land entgegenzuwirken.

Weiter sagte Wilke, es gebe auch einen sozialen Aspekt in der Landwirtschaft. “Sie kann viel Heilsames anbieten”. Der Umgang mit Tieren und das Leben mit der Natur habe positive Effekte auf den Einzelnen, etwa auch auf Menschen mit Behinderung oder Suchterkrankungen. Zudem sei etwa der Hofladen ein sozialer Ort der Begegnung im Dorf. “Der soziale Aspekt der Landwirtschaft müsste gestärkt werden.”