Mal eben noch einkaufen, weil eine Zutat fehlt? Sonntags ist das vielerorts nicht möglich. Doch digitale Mini-Supermärkte sind auf dem Vormarsch. Sie erlauben Einkäufe rund um die Uhr – auch am Sonntag.
Sie heißen “Smart-Stores”, “Automatenkiosk” oder “digitalisierte Mini-Supermärkte”. Für viele Politiker, Händler und Konsumenten sind sie ein Hoffnungsschimmer: Weil sie voll-automatisiert sind und ohne Personal auskommen, könnten sich die neu entwickelten Supermärkte zu einem attraktiven Angebot der Nahversorgung entwickeln. Auch in kleineren Orten und im ländlichen Raum, wo der letzte Tante-Emma-Laden längst zugemacht hat. Und das selbst nachts und an Sonn- und Feiertagen. Doch nicht alle sehen das so positiv: Kirchen und Gewerkschaften wenden sich gegen einen Sonntagsverkauf: Sie sehen darin einen Angriff auf den freien Sonntag durch die Hintertür.
In mehreren Bundesländern macht das neue Verkaufskonzept Schule. Pionier war Anfang des Jahres Mecklenburg-Vorpommern, wo die Sonntagsöffnung von Automaten-Minimärkten erstmals in einem Bundesland gesetzlich explizit erlaubt wurde. Das gelte für “Kleinstverkaufsstellen ohne persönlichen Kundenkontakt, die insbesondere geprägt sind von digitalem Zutritt und digitaler Bezahlung”, heißt es im Gesetz. Vorgaben zum Sortiment oder zur Größe der Verkaufsstellen werden nicht gemacht.
Bayern und Hessen sind da etwas restriktiver: Am Dienstag beschloss das Kabinett in München eine leichte Liberalisierung beim Ladenschluss: Digitale Kleinstsupermärkte ohne Personal und mit maximal 150 Quadratmetern Verkaufsfläche sollen künftig durchgängig öffnen dürfen, auch sonntags.
In Hessen gab es zuvor umfangreiche juristische Auseinandersetzungen: Im Januar entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel, dass 25 bestehende digitalisierte Supermärkte an Sonn- und Feiertagen geschlossen bleiben müssten – Ausnahmen gebe es nur für die drei Märkte in Bahnhofsnähe. Das Gericht verwies darauf, dass die digitalen Supermärkte nach geltendem Recht in Hessen als Verkaufsstellen anzusehen seien – unabhängig davon, ob Personal vor Ort beschäftigt sei.
Mitte Juli reagierte der Hessische Landtag mit einer Gesetzesänderung beim Ladenöffnungsgesetz: Vollautomatisierte Verkaufsstellen mit einer Fläche von bis zu 120 Quadratmetern für Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs dürfen ausdrücklich auch an Sonn- und Feiertagen öffnen.
Das neue Verkaufskonzept klingt bestechend: Weil viele kleine Lebensmittelläden an der Grenze zur Rentabilität arbeiten und schließen, gewinnen auch beim Einkauf digitale Techniken an Raum: Zugang per App, Überwachung per Kamera-Technologie, Selbstbedienung aus dem Regal und Kartenzahlung in 24/7-Stores.
Einer der größten Anbieter ist das Handelsunternehmen Tegut mit Hauptsitz in Fulda. Der Lebensmittel-Vollsortimenter eröffnete im November 2020 den ersten Teo-Markt überhaupt. Aktuell betreibt das Unternehmen 39 Teo-Märkte, meist in Containern, wobei 28 in Hessen, 6 in Baden-Württemberg und 5 in Bayern liegen. Kunden haben die Möglichkeit, aus 950 Produkten zu wählen und digital zu bezahlen. Die Zeichen stehen auf Expansion. Auch REWE testet unter dem Namen “Jakobs nahkauf Box” ein ähnliches Konzept. Vom Apfel bis zur Zahnbürste gibt es rund 800 Artikel für den täglichen Bedarf.
Befürworter des neuen Konzepts verweisen auf die Chancen für die Grundversorgung und das soziale Miteinander. Insbesondere für Senioren und Menschen in ländlichen Gebieten biete der sonntägliche digitale Einkauf Gelegenheiten für soziale Kontakte außerhalb des eigenen Wohnraums. Kleine Orte würden wieder aufgewertet.