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Vieles ist im Fluss

Das immobile und mobile Vermögen der Kirchenkreise und Gemeinden soll bis Ende 2016 geschätzt werden. Das braucht aber mehr Zeit. Anträge auf Verlängerung werden in der Landessynode in der nächsten Woche diskutiert.

Von Constance Bürger, Tanja Pilger-Janßen und Sibylle Sterzik (mit epd)

„Ich brenne darauf, dass das Klimaschutzkonzept umgesetzt wird, dann kann ich endlich meine dienstlichen Fahrradfahrten anerkennen lassen“, sagte Landesjugendpfarrerin Sarah Oltmanns. In der Tat beschloss die Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz auf ihrer Frühjahrstagung am 7. und 8. April das integrierte Klimaschutzkonzept. Bis 2020 sollen 15 Prozent, bis 2050 85 Prozent der kirchlichen CO2-Emissionen eingespart werden. Das Klimaschutzkonzept soll von bis zu drei Klimaschutzmanagern umgesetzt werden, die zum größten Teil über Fördermittel des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit bezahlt werden sollen. Für Diskussion sorgte die Frage, wie der notwendige Eigenanteil finanziert werden soll. Vorerst aus dem Klimaschutzfond, die abschließende Klärung ist auf die Haushaltsberatung auf der Herbstsynode Ende Oktober vertagt. Gewünscht wurde ein Sofortkatalog mit drei Maßnahmen, die Gemeinden als erstes umsetzen können. „Ich bin stolz auf unsere Kirche“, sagte Rüdiger Sachau, Direktor der Evangelischen Akademie Berlin.Die Landessynode fordert zugleich, bestehende Braunkohletagebaue nicht mehr zu erweitern und keine neuen Tagebaue mehr aufzuschließen. Nur so könnten Rechtssicherheit geschaffen und der notwendige wirtschaftliche Strukturwandel der Region vorangebracht werden, heißt es in dem Beschluss. Die Kirchenleitung solle sich dafür bei den Landesregierungen von Brandenburg und Sachsen einsetzen. Das Energieunternehmen Leag hatte Ende März angekündigt, auf den geplanten Tagebau Jänschwalde-Nord zu verzichten. Eine Entscheidung über die Tagebau-Erweiterung Welzow-Süd II wurde verschoben. Der Tagebau Nochten II soll in geringerem Umfang genutzt werden. Die Synodalen fordern zudem, die Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge aufzuheben. Er müsse auch bei den sogenannten subsidiär Schutzberechtigten völkerrechtskonform möglich gemacht werden. Mit dem sogenannten Asylpaket II vom März 2016 sei der Familiennachzug für Flüchtlinge mit nur subsidiärem Schutzstatus für zwei Jahre ausgesetzt worden, heißt es in der Begründung. Diese Flüchtlinge könnten deshalb erst ab März 2018 Anträge stellen, um ihre Familienmitglieder nachholen zu dürfen. Dies verstoße gegen das im Grundgesetz und im Völkerrecht garantierte Recht auf Familienleben und widerspreche dem christlichen Menschenbild.

Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au pickte Leckerbissen des Kirchentagsprogramms heraus, etwa einen After-Work-Gottesdienst mit dem DGB-Vorsitzenden, die „Weiße Tafel“ der Religionen und Podiumsdiskussionen mit dem Humanistischen Verband über eine offene Gesellschaft und menschenwürdiges Sterben. Sie weckte Vorfreude auf das Großereignis vom 24. bis 28. Mai. Propst Christian Stäblein nahm die Kirchentagslust auf und dankte allen, die an der Vorbereitung mitwirken. „Es wird so viel sein zwischen Kreuzberg und Alex, Messegelände und Gendarmenmarkt – und es wird ein Segen sein. Hoffentlich.“

Das vorgelegte Bildungskonzept der EKBO „frei und mutig“ machte sich die Synode als grundlegenden Text zur Weiterarbeit zu eigen, als „Startschuss und Anstoß für die Bildungsarbeit“, sagte Kirchenleitungsmitglied Eva Dittmann-Hachen. Gemeinden wird empfohlen, sich damit auseinanderzusetzen und die „Anregungen für die Praxis“ aufzunehmen (siehe Seite 9). Den vorläufigen Abschlussbericht der Strukturkommission nahmen die Parlamentarier unverändert an. Sparmaßnahmen seien zwar derzeit noch nicht nötig, betonte Bischof Markus Dröge. Dies heiße jedoch nicht, „wir können jetzt prassen“. Die Voten der Synodalen Ausschüsse sollen aber in die weitere Beratung der Strukturkommission einfließen. Angeregt wurde, weitere Punkte aufzugreifen, etwa die Themen Sorben/Wenden, Umwelt, Umgang mit Kirchenfernen. Geprüft werden soll, ob die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in das Handlungsfeld „Bildung“ oder „Gemeinde“ gehört. Der Bericht sei „ein Aufruf, unsere Strukturen so zu entwickeln, dass wir unserem Auftrag gerecht werden können“, sagte Viola Kennert, Superintendentin im Kirchenkreis Neukölln. Auf der Herbstsynode wird beschlossen.

An die Kirchenleitung und die Haushaltsberatungen verwiesen wurden die Anträge zu prüfen, ob Gemeinden finanziell von Landeskirche und Diakonie beim Ausbau von Kita-Plätzen unterstützt werden können. „Wenn wir mitgestalten wollen, müssen wir uns jetzt engagieren“, sagte Diakoniedirektorin Barbara Eschen. Die Ergebnisse der Beratungen sollen in die kommenden Haushaltsberatungen eingehen. Deutlich sei geworden, wie wichtig die Arbeit der Kitas für die Gemeinden ist. Aber auch, dass klar seinmuss, woher qualifiziertes Personal kommen wird.

Ist ein Christ durch die Taufe vollgültiges Kirchenglied oder braucht es noch die Konfirmation, um Ämter übernehmen und aktiv wie passiv wählen zu können? Ja, laut Grundordnung der EKBO. Ob das geändert werden kann, soll die Kirchenleitung nun prüfen. Gegebenenfalls wird sie dazu einen Gesetzentwurf vorlegen und einen Gesprächsprozess über die Abendmahlsordnung einleiten. Dafür setzte sich Präses Sigrun Neuwerth ein: „Es ist wichtig, dass wir uns selber klar werden, was sich in den letzten Jahren in unserem Gemeinden entwickelt hat.“ Viele sind getauft, aber nicht konfirmiert. „Vieles sei im Fluss, dass müssen wir aufsammeln“, so Propst Christian Stäblein. Er wies auf das Problem hin, dass Meldelisten über Gemeindeglieder nicht ausweisen, ob jemand, der Kirchensteuern zahlt, konfirmiert ist. Es sei ein starker theologischer Impuls auf eine „Zulassung zum Abendmahl“ zu verzichten. Diese liege in der Taufe. Generalsuperintendent Martin Herche sprach sich dagegen aus, die Praxis zum Gesetz zu erheben. Vielmehr sollten Gemeinden Menschen verstärkt dazu einladen, sich konfirmieren lassen.

Abgelehnt wurde der Antrag, einen landeskirchlichen Orgelfond einzurichten. Beschlüsse, die den Haushalt der Landeskirche betreffen, dürfen erst auf der Herbstsynode 2017 erfolgen. Dagegen sprach aus Sicht des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Jan Dreher, auch, dass „die zunehmende Einrichtung von Sonderfonds kritisch gesehen“ wird. Denn sie stelle eine finanzielle „Parallelstruktur“ neben dem bestehenden Haushaltsplan dar. Geprüft werden soll aber, ob die bestehenden Fördermöglichkeiten ausreichend ausgestattet sind.

Das Reformationsjubiläum regt dazu an, so Markus Dröge in seinem Wort des Bischofs auf der Landessynode, dass Kirche sich in vielen Themen neu positioniert, wie zum Beispiel im Verhältnis zu jüdischen Geschwistern, im Gespräch mit Muslimen, im Bemühen, Religion in der Gesellschaft präsent zu halten, und im Umgang mit Rechtspopulismus. Mit einem ökumenischen Gottesdienst mit dem katholischen Berliner Erzbischof Heiner Koch hatte die Landessynode zum 500. Reformationsjubiläum ihre Frühjahrstagung in Berlin begonnen. Diese Einladung sei ein „Zeichen der Verbundenheit, die alltäglich zwischen unseren Kirchen gelebt wird“, betonte Koch. Derweil kritisierte der Synodale Rolf-Dieter Bollmann, dass es vielen Berliner Kirchengemeinden aufgrund der Vorbereitungen zum Kirchentag an Zeit fehle, die Reformation so zu würdigen wie notwendig.

Den Dialog der Religionen gelte es zu vertiefen, gerade in einem wissenschaftlichen Austausch verschiedener religiöser und konfessioneller Theologien an der Humboldt-Universität (HU). Die Landessynodalen zeigten sich interessiert darüber, dass an der HU weitere Theologien eingerichtet werden. Im Herbst soll die Kirchenleitung berichten. Außerdem wollen beide Kirchen beim Religionsunterricht enger zusammenarbeiten, „um Kräfte zu bündeln“, sagte Friedhelm Kraft, Leiter der Bildungsabteilung der EKBO. Derzeit werde an einem gemeinsamen Lehrplan gearbeitet, der wesentliche Elemente beider Konfessionen aufgreifen soll. Die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann betonte, dass es zum Reformationsjubiläum gehöre zu zeigen, dass die evangelische Kirche problematische Entwicklungen der Vergangenheit hinter sich gelassen habe. „Wir haben die nationalistische Enge überwunden.“Am Samstag lobte die Landessynode den EKBO-Hahn 2017 aus. Der Preis für gelungene Öffentlichkeitsarbeit wird alle zwei Jahre von der Landessynode, der Öffentlichkeitsarbeit der EKBO, Wichern-Verlag und „Radio Paradiso“ vergeben. Einsenden kann man die Bewerbungen bis zum 15. September an info@ekbo.de. Der Sieger darf einen Radiospot auf „Radio Paradiso“ senden. Den Sonderpreis zum Thema „Reformationsjubiläum“ und „Kirchentag“ vergibt der Wichern-Verlag.[lt]