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Verletzte bei Protesten in Israel – Netanjahu will Gespräche

Die Annahme eines wichtigen Teils der Justizreform in Israel hat massive Proteste hervorgerufen. Nun drohen Streiks unter anderem im Gesundheitswesen.

Die Proteste in Israel werden heftiger
Die Proteste in Israel werden heftigerImago / NurPhoto

Nach der Annahme eines Kernelements der umstrittenen Justizreform sind auch in der Nacht zu Dienstag landesweit Zehntausende Menschen in Israel auf die Straßen gegangen. In der zentralisraelischen Stadt Kfar Saba wurden nach Polizeiangaben drei Personen leicht verletzt, als ein israelischer Siedler in eine Gruppe Demonstranten fuhr.

Landesweit waren mehrere Hauptverkehrsstraßen zeitweise blockiert, mindestens 34 Demonstranten wurden laut israelischen Medien festgenommen. In Tel Aviv und Jerusalem setzte die Polizei Wasserwerfer gegen die Menge ein.

Kritik von Arbeiterpartei gegen Polizei

Die Vorsitzende der Arbeiterpartei, Merav Michaeli, kritisierte das Vorgehen der Polizei. “Die korrupte Aufhebung der Angemessenheitsklausel, die die Motivation für diese berechtigten Demonstrationen ist, gibt der Polizei nicht die Erlaubnis, in einer völlig unangemessenen Weise gegen israelische Bürger vorzugehen”, heißt es in einem Schreiben Michaelis an Polizeichef Kobi Schabtai von Montagabend. Sie rief Schabtai dazu auf, die Öffentlichkeit zu schützen.

Der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Olmert bezeichnete das Gesetz zur Angemessenheitsklausel als eine “ernsthafte Bedrohung”. Das Land gehe in einen Bürgerkrieg, sagte er laut israelischen Medienberichten im Interview mit dem britischen Nachrichtensender “Channel 4 News”.

Netanjahu ruft “zu Frieden und gegenseitigem Respekt” auf

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rief seine Landsleute am späten Montagabend in einer Ansprache “zu Frieden und gegenseitigem Respekt” auf. Die Abschaffung der Angemessenheitsklausel durch das Parlament am Montagnachmittag bezeichnete er als “notwendigen demokratischen Schritt”, der “ein gewisses Gleichgewicht zwischen den Behörden wiederherstellen soll”. Dies sei nötig, “damit die gewählte Regierung Politik nach dem Willen der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger des Staates machen kann” und bedeute keineswegs ein Ende der Demokratie.

Netanjahu bekundete Bedauern, dass keiner von der Koalition eingebrachte Kompromissvorschläge von der Opposition angenommen worden sei und kündigte an, “schon in den nächsten Tagen” erneut den Dialog mit der Opposition zu suchen. Zugleich warnte er davor, die israelische Armee in den politischen Streit hineinzuziehen. Die Armee müsse “außerhalb jeder politischen Kontroverse bleiben”. Vor der entscheidenden Abstimmung hatten mehr als 10.000 Reservisten angekündigt, nicht zum Dienst zu erscheinen, sollte das Gesetz zur Abschaffung der Angemessenheitsklausel angenommen werden.

Hauptgewerkschaftsführer Arnon-Bar David kündigt Streik an

Spürbar waren die Auswirkungen der Abstimmung auch an den israelischen Aktienmärkten sowie beim Wechselkurs des Schekels gegenüber dem Dollar, die laut Medienberichten unmittelbar nach der Annahme des Gesetzes stark einbrachen.

Hauptgewerkschaftsführer Arnon-Bar David kündigte unterdessen laut Bericht der Tageszeitung Haaretz an, “einen allgemeinen Arbeitskonflikt auszurufen und einen Generalstreik auszurufen, falls dies erforderlich sein sollte”. Auch der israelische Ärzteverband kündigte an, das Gesundheitssystem für 24 Stunden stillzulegen und die Krankenhäuser nach ihren Schabbatplänen arbeiten zu lassen. Gesundheitsminister Mosche Arbel reichte laut Bericht der “Jerusalem Post” einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Medizinerstreit ein, der zu “erheblichen Störungen in den staatlichen Krankenhäusern” führen und “den Patienten Schaden zufügen” könne.