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Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF kommt für Politik zur Unzeit

Mit ihrer Klage in Karlsruhe zum Rundfunkbeitrag bringen ARD und ZDF den Zeitplan der Medienpolitik durcheinander. Diese wollte erst im Dezember über die Höhe und die künftige Festsetzung des Beitrags entscheiden.

ARD und ZDF haben im Streit um die Anpassung des Rundfunkbeitrags das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angerufen. Damit reagieren die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf die Nichtumsetzung der Empfehlung der zuständigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF). Diese hatte sich schon im Februar auf eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent auf dann 18,94 Euro im Monat ab Anfang 2025 festgelegt.

Mit der Verfassungsbeschwerde war allgemein gerechnet worden, nachdem die Bundesländer auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober zwar den Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf den Weg gebracht, die Frage der Höhe des Beitrags und der zukünftigen Ermittlung des Finanzbedarfs aber auf die nächste Sitzung im Dezember vertagt hatten.

Die aktuelle Beitragsperiode endet zum 31. Dezember. Üblicherweise wird der Rundfunkbeitrag von der KEF immer für vier Jahre festgelegt. Die für den Zeitraum 2025 bis 2028 festgesetzte Beitragshöhe hätte eigentlich in einem eigenen Beitragsstaatsvertrag der Länder festgeschrieben werden sollen und wäre am 1. Januar 2025 in Kraft getreten.

Die ARD erklärte, der Gang nach Karlsruhe stelle die “Ultima Ratio” dar: “Dieser Schritt fällt uns schwer, aber wir können eine Verletzung des Verfahrens nicht hinnehmen”, betonte der ARD-Vorsitzende und SWR-Intendant Kai Gniffke. In den verbleibenden sechs Wochen des Jahres sei eine Umsetzung des gesetzlich geregelten KEF-Verfahrens nicht mehr möglich.

“Wir tragen Verantwortung über die nächsten vier Jahre hinaus für die dauerhafte Sicherung der staatsfernen Finanzierung und damit für journalistische Unabhängigkeit als Bestandteil der Rundfunkfreiheit”, so Gniffke weiter. Diese sei gesetzlich geregelt, und Gesetze seien einzuhalten. “Recht und Gesetzestreue kennen nun mal keine Kompromisse”, erklärte der ARD-Vorsitzende.

ZDF-Intendant Norbert Himmler fügte hinzu: “Die Unabhängigkeit unserer Berichterstattung steht und fällt mit der Unabhängigkeit unserer Finanzierung.” Der Blick auf die Krisenherde der Welt und die wachsende Verunsicherung auch in Deutschland zeigten, wie wertvoll der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Garant verlässlicher Informationen für die Gesellschaft sei.

“Die Verfassung gibt vor, dass er dafür angemessen finanziert sein muss”, ergänzte Himmler: “Da die Länder die Beitragsempfehlung der KEF nicht umsetzen, bleibt uns keine andere Möglichkeit, als erneut Beschwerde in Karlsruhe einzulegen.” Himmler betonte weiter, eine offizielle Begründung für die Nichtumsetzung der Beitragsempfehlung liege nicht vor.

Das Deutschlandradio ist aus formalen Gründen nicht an der Klage beteiligt, da sein Anteil am Rundfunkbeitrag auch beim Ausbleiben der Erhöhung stabil bleibt. Die Klage von ARD und ZDF wird vor dem Verfassungsgericht vom Kölner Medien- und Verfassungsrechtler Karl-Eberhard Hain vertreten, der selbst von 2009 bis 2011 der KEF angehörte.

Die Bundesländer sind in der Beitragsfrage weiter zerstritten. Daher war bei der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober versucht worden, einen Kompromiss zu erzielen, der im Dezember beschlossen werden sollte. Danach wäre der Beitrag in den Jahren 2025 und 2026 zunächst bei den aktuellen 18,36 Euro geblieben.Eine Neuberechnung der KEF sollte dann 2027 erfolgen. Dabei sollten bereits Einsparungen durch die laufenden und künftigen Reformen in den Anstalten eingepreist werden.

Die Medienpolitik will ARD und ZDF unter anderem die Zusammenlegung und Streichung von Spartenkanälen sowie insgesamt die Pflicht zu mehr Zusammenarbeit auferlegen. Außerdem soll der Etat für Sportrechte gedeckelt werden. Bei der ARD sollen zudem zahlreiche Hörfunkprogramme wegfallen. Dieser Reformstaatsvertrag ist aber noch nicht formal von den Ministerpräsidenten unterzeichnet. Auch wenn es offiziell keinen direkten Zusammenhang zur Beitragsfrage gibt, gilt seine Umsetzung ohne klare Beitragsentscheidung der Sender als wenig wahrscheinlich.

Mehrere Länder hatten zuletzt erkennen lassen, dass sie einer Beitragsanpassung zustimmen würden, während einige wenige Länder eine Beitragsanpassung nach wie vor ausschließen oder vom Verlauf des Reformprozesses abhängig machen und daher abwarten wollen.

Dass ARD und ZDF die Klage zum jetzigen Zeitpunkt einreichen, dürfte bei den Ländern auf wenig Verständnis stoßen. Sie hatten darauf gesetzt, dass die Anstalten bis zur im Dezember geplanten Entscheidung zum Beitrag vom Gang nach Karlsruhe absehen würden.