Engagierte gegen Rechtsextremismus fühlen sich entmutigt und von der Politik alleingelassen. Die Bedrohungslage nimmt zu. Die Teams der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus ziehen 2024 eine höchst besorgte Bilanz.
Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus schlägt Alarm. “Die Lage ist dramatisch, die extreme Rechte ist in der Offensive”, sagte Dominik Schumacher vom Bundesverband am Dienstag in Berlin bei der Jahresbilanz des Verbands. Der Bundesverband Mobile Beratung ist der Dachverband für rund 50 regionale Beratungsteams in ganz Deutschland.
Schumacher verwies auf die Wahlerfolge der AfD, die inzwischen “Triebkraft” für alle rechtsextremen Strömungen sei, von Neonazis bis Reichsbürgern. Die Partei habe sich als parlamentarischer Arm eines großen Netzwerks etabliert, das die Demokratie in Deutschland umstürzten wolle. Es zeige sich weiter, dass gerade junge Menschen immer empfänglicher für rechtsextremes Gedankengut seien.
Schumacher erklärte, die gegen Rechtsextremismus Engagierten fühlten sich entmutigt und von der Politik alleingelassen. Rechte Bedrohungen gehörten für sie immer häufiger zum Alltag, die Bedrohungslage habe deutlich zugenommen. Anfang des Jahres habe es bundesweit viele große Demonstrationen gegen Rechtsextremismus gegeben. “Doch inzwischen gilt nicht mehr in allen ostdeutschen Regionen: ‘Wir sind mehr.’.” Zugleich sei die Finanzierung der mobilen Beratungsteams nicht gesichert. Schumacher forderte eine gesetzliche Grundlage für das Angebot.
Der Rechtsextremismus-Forscher Oliver Decker sagte, die Bilanz bestätige zentrale Ergebnisse der “Leipziger Autoritarismus Studie”, mit der Decker und sein Team seit 2002 regelmäßig die Einstellungen der Bevölkerung zu autoritären und demokratiefeindlichen Tendenzen erfassen. Laut der jüngsten, im November vorgestellten Studie haben 19 Prozent der Deutschen ein geschlossen ausländerfeindliches Weltbild. Ausländerfeindlichkeit sei eine “Einstiegsdroge in den Rechtsextremismus”, betonte Decker.
Auch Decker erklärte, dass es in der AfD eine enge Vernetzung mit rechtsextremen Gruppen gebe. Für ein Verbot der Partei sehe er aus wissenschaftlicher Sicht gute Gründe, es sei jedoch eine komplexe juristische Frage. “Was mir viel mehr fehlt, ist die ernste Auseinandersetzung der Politik mit den Ursachen: Warum ist die AfD so stark geworden, warum ist dagegen kein Kraut gewachsen?”, so Decker.