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Unterwegs mit der „Jubi“

Eine Gruppe von Menschen mit Behinderung reist mit der Jugendbildungsstätte Nordwalde nach Paris. Sie genießen „die Schöne an der Seine“. Ihre Erfahrungen als Rollstuhlfahrer oder als Blinde fließen in einen inklusiven Reiseführer in einfacher Sprache ein

Es nieselt. Es ist kalt. Es ist Montag, 8 Uhr. Gleich geht es los: Die Studienfahrt für Menschen mit Behinderung der Evangelischen Jugendbildungsstätte Nordwalde (Jubi) startet. Das Ziel: Paris. An der Eissporthalle Münster erwartet der Bus die Teilnehmenden. Die Studienfahrten der Jubi sind weit über die Grenzen des Kirchenkreises beliebt. Angebote dieser Art gibt es nur sehr wenige in Nordrhein-Westfalen.

Gutes Wetter und viele Sehenswürdigkeiten

Je näher Paris kommt, desto mehr lichtet sich das Wetter. Die Bedingungen für einen Städtetrip sind ideal. Bei den 28 Teilnehmenden und ihren neun Begleiterinnen und Begleitern steigt die Vorfreude. Als der Bus schließlich vom Boulevard périphérique, der äußeren Ringautobahn um die Stadt, zum Hotel abbiegt, ist schon das erste Mal der Eiffelturm zu sehen.
Der Eiffelturm ist auch die erste Sehenswürdigkeit, die auf dem Programm steht. Der Bus, der die Gruppe die ganze Woche begleitet, kann direkt am Turm parken. „Ich will da rauf und die Aussicht genießen“, hatte Teilnehmer Markus Liedtke schon während einer Pause auf der Hinfahrt angekündigt. „Ich bin mal gespannt, ob das mit meinem Rollstuhl geht.“ Sein Wunsch geht in Erfüllung: Mit dem Fahrstuhl können sie bis zur zweiten Aussichtsplattform fahren. Ganz bis in die Spitze können Rollstuhlfahrer aus Sicherheitsgründen leider nicht fahren. Aber auch von hier ist die Aussicht beeindruckend.
Ein weiteres Highlight ist am Donnerstag der Ausflug zum Schloss Versailles, etwas außerhalb von Paris. Allerdings ist es auch sehr anstrengend: Viele Touristen aus allen Teilen der Erde schieben sich durch die Flure. Die Jubi-Reisegruppe hat kaum Zeit, sich die Ausstellungsstücke in Ruhe anzusehen. Nur im berühmten Spiegelsaal von Versailles ist Platz. Besonders voll ist es vor dem Bett von Ludwig XIV., das hinter einer Absperrung zu sehen ist. „Kann ich mich einmal in das Bett legen?“, fragt Rebecca Roesch. Die junge Frau ist blind. Sie möchte das Ausstellungsstück gern aus der Nähe erleben. Das geht aber leider nicht, deshalb beschreibt ihr eine Mitarbeiterin den Raum und die Einrichtung ganz genau. Die Marmorsäulen kann sie dann auch ertasten und fühlt den kühlen Stein. Beim Picknick im makellosen, riesigen Barockgarten des Schlosses erklärt die Reiseführerin hinterher, dass es trotz des Gedränges ein ziemlich ruhiger Tag in Versailles war.

Im Frühjahr soll der Reiseführer erscheinen

Markus Liedtke und Rebecca Roesch sind zwei der fünf Teilnehmenden, deren Erlebnisse in Paris in den inklusiven Reiseführer einfließen, der auf der Fahrt entstanden ist. Das Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche in Westfalen wird das Buch herausgeben. Es wird im Frühjahr 2016 erscheinen. Die Idee dafür gibt es schon länger: Jedes Jahr erstellen die Mitarbeitenden der Studienfahrten einen Schnellhefter mit Informationen über Geographie, Geschichte und Sehenswürdigkeiten des Reiseziels – und zwar in leichter Sprache. Zwischen Reiseführern für Kinder und den gewohnten Reiseführern gibt es am Markt kein Angebot, das sich an Menschen wendet, die lieber in leichter Sprache lesen.
Die Daheimgebliebenen  konnten die Reise jeden Tag im Internet verfolgen. Unter www.inklusioninparis.blogspot.com sind die täglichen Reiseberichte weiter online.