Ein Karnevalswagen sorgt für Streit in Köln: Die geplante Persiflage auf Missbrauch in der katholischen Kirche löst eine Kontroverse aus. Die Verantwortlichen verteidigen die Satire.
Da verstehen einige Politiker und das Erzbistum Köln keinen Spaß: Bei ihnen stößt ein für den Kölner Rosenmontagszug geplanter Persiflagewagen zu Missbrauch in der katholischen Kirche bitter auf. In zwei am Wochenende bekanntgewordenen Briefen an den Präsidenten des Festkomitees Kölner Karneval, Christoph Kuckelkorn, sprechen sie von Geschmacklosigkeit und Grenzüberschreitung und fordern einen Verzicht auf das Motiv.
Der Wagen zeigt einen jungen Messdiener, der vor einem Beichtstuhl steht. Aus diesem reckt sich ein Arm, der ihn mit einem lockenden Finger und den Worten “Jesus liebt dich” hineinbittet. Wie Zugleiter Marc Michelske bei der Vorstellung Mitte Februar erläuterte, soll der Wagen Missbrauch in der Kirche und Mängel bei dessen Aufarbeitung anprangern.
Kölns ehemaliger Oberbürgermeister Fritz Schramma und andere CDU-Politiker schreiben laut “Kölner Stadt-Anzeiger” (Samstag) in ihrem Brief an das Festkomitee: “Karneval darf provozieren, aber nicht verletzen.” Dass die Kernaussage der christlichen Botschaft “Jesus liebt Dich” als Überschrift für einen angedeuteten verbrecherischen Kindesmissbrauch benutzt werde, sei geschmacklos. Dem Betrachter werde sogar vermittelt, dass Kindesmissbrauch in der Aussage “Jesus liebt Dich” geradezu eine Begründung finde.
Ähnlich äußerte sich der Amtsleiter des Erzbistums Köln, Frank Hüppelshäuser, in seinem Brief. Missbrauch gehöre verurteilt, heißt es in dem auf der Homepage der Erzdiözese veröffentlichten Schreiben. “Das Motiv des Wagens prangert aber nicht einzelne Menschen, Täter oder die Kirche an.” Es werde der Eindruck erweckt, dass Jesus selbst im Beichtstuhl sitze und den Messdiener durch Handzeichen dort hineinziehen wolle. Zumindest werde Jesus hier instrumentalisiert, so Hüppelshäuser. “Wenn man dem Sohn Gottes ein Mitverschulden an den schrecklichen Missbrauchstaten, die auch und gerade in der katholischen Kirche geschehen sind, unterstellt, ist eine Grenze überschritten, die mit keinem Grund der Welt zu rechtfertigen ist.”
Der Wagen werde Bestandteil des Zuges am 3. März bleiben, sagte eine Sprecherin des Festkomitees am Samstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Bereits zuvor hatte Zugleiter Michelske erklärt: “Wir freuen uns, wenn Menschen sich mit den Themen, die wir im Rosenmontagszug ansprechen, inhaltlich auseinandersetzen.” Die Persiflagen im Rosenmontagszug wollten den Finger in die Wunde legen, satirisch zuspitzen und zum Nachdenken anregen.