Hamburg. Beistand geben und trösten – das zählt zu den wichtigsten Aufgaben von Seelsorgenden, wenn sie sterbenskranke oder hochbetagte Menschen in ihren letzten Stunden begleiten. Doch genau das ist wegen der Pandemie teils nicht mehr möglich: Aus Gründen des Infektionsschutzes sind Besuche von Seelsorgern und Angehörigen, die Abschied nehmen wollen, in manchen Krankenhäusern und Pflegeheimen verboten. Als Ersatz könnten Tablets dienen – doch es fehlt an Geräten.
„In der aktuellen Corona-Krise haben wir leider die Situation, dass zum Teil Besuche von Angehörigen und Seelsorgern nicht mehr ermöglicht werden können – aufgrund der Infektionsgefahr“, sagt Kerstin Lammer, Leitende Pastorin des Hauptbereichs Seelsorge und gesellschaftlicher Dialog der Nordkirche. Sie hat dazu aufgerufen, nicht benötigte Tablets zu spenden, um Seelsorgende und Einrichtungen damit auszustatten: „Wir möchten, dass niemand allein und unbegleitet sterben muss“, macht Lammer deutlich.
Mobiltelefone sind zu klein
Durch die mobilen Geräte könnte genau das erreicht werden. Schwerkranke wären in der Lage, auf den vergleichsweise großen Bildschirmen noch einmal die Gesichter ihrer Angehörigen oder den Seelsorger zu sehen. Vorstellbar wäre laut Lammer etwa, dass in der Nähe eines Krankenhauses, etwa in einem benachbarten Kirchengemeindezentrum, die Angehörigen den zuständigen Seelsorger treffen. Dieser könnte dann eine Verbindung zum Patienten herstellen oder eine Videobotschaft aufzeichnen – und anschließend dafür sorgen, dass diese per Tablet den betroffenen Menschen erreicht und er auf diese Weise seine Angehörigen noch einmal sehen kann.
Ginge das auch per Handy? „Theoretisch ja; aber wenn jemand schwer krank ist und im Sterben liegt, ist er meist nicht mehr in der Lage, das Geschehen auf einem kleinen Handy-Bildschirm zu verfolgen“, erläutert die Leitende Pastorin.
Wo immer es möglich sei, sollte weiterhin ein direkter persönlicher Abschied gewährt werden: „Es ist ein menschliches Bedürfnis, sich nahe sein zu wollen, sich zu umarmen und zu berühren, wenn man Angst hat und Abschied nehmen muss. Dass die körperliche Nähe derzeit nicht mehr möglich ist, ist ein großes Problem“, so Lammer.
Bis zu 200 Geräte gesucht
Umso wichtiger sei es daher, nächstbeste Lösungen zu finden. Denn je nach Bundesland und Institution dürfen auch Seelsorger nicht mehr überall zu den Sterbenden. Die Nordkirche erstreckt sich auf drei Bundesländer, die jeweils unterschiedliche Anordnungen dazu erlassen haben: Während in Hamburg Seelsorgende unbegrenzt Zutritt zu den Krankenhäusern und Pflegeheimen hätten, sei ihr Besuch in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein „nur, wenn es ethisch oder aus therapeutischen Gründen unbedingt nötig ist, erlaubt“, so Lammer. „Und das ist eine Frage der Auslegung, die einzelnen Einrichtungen gehen damit unterschiedlich um.“
Bisher wurden von ihrem Hauptbereich zehn Tablets ausgegeben. Doch der Bedarf liegt der Theologin zufolge bei bis zu 200 Geräten, um jedes Krankenhaus und Altenpflegeheim zu versorgen. Mittlerweile dienten die mobilen Geräte auch dazu, den ersten Kontakt mit Patienten aufzunehmen, berichtet sie: Über das Tablet mache sich etwa eine Krankenhausseelsorgerin aus Eutin mit den Patienten bekannt und gehe erst auf konkreten Wunsch in ein Krankenzimmer. So werde einerseits die Gefahr minimiert, dass die Seelsorgenden ihre eigenen Viren im ganzen Krankenhaus verteilen, andererseits verbrauchten sie erst bei akutem Bedarf Schutzkleidung, auf die sonst das medizinische Personal dringend angewiesen ist.
Wichtig: glatte Oberfläche
Daher ruft Lammer zur Tablet-Spende auf: „Wenn jemand zu Hause ein altes Gerät herumliegen hat, das er nicht mehr braucht: Wir nehmen es sehr gern, um es Menschen, die sich nur so voneinander verabschieden können, zur Verfügung zu stellen.“ Fast alle wären für diesen Zweck geeignet und könnten von Privatpersonen ebenso wie Firmen gespendet werden. Lammer betont: „Wichtig ist eine glatte Oberfläche, damit man sie zur Desinfektion gut abwischen kann, und natürlich eine Kamera.“