“Der erste Verlust einer geliebten Person ist eine Wegmarke im Leben. Nichts ist danach wie zuvor”, stellt die britisch-deutsche Trauerrednerin Louise Brown fest. Für sie waren es der Tod ihrer Mutter und kurz danach des Vaters, der ihr Leben änderte. Sie musste erkennen, dass sie keine Sprache für die Gefühle der Trauer hatte, weil in ihrer Herkunftsfamilie nicht darüber gesprochen wurde. Mittlerweile ist das Sprechen über den Tod zu ihrem Beruf geworden – sie hat ihre Tätigkeit als Journalistin aufgegeben und ist als Trauerrednerin unterwegs.
Der Tod nimmt wichtigen Raum in ihrem Leben ein. In Hamburg moderierte sie das erste “Death Cafe”, eine nach eigenen Angaben offene Gesprächsrunde über Sterben, Tod und Trauer. “Death Cafes” gibt es auch in anderen Städten Deutschlands. In ihrem Podcast “Meine perfekte Beerdigung” spricht die Trauerrednerin mit Menschen darüber, wie sie einmal verabschiedet werden wollen. Mittlerweile sind zwei Staffeln verfügbar.
Buch: “Was bleibt, wenn wir sterben”
Und: Brown spricht nicht nur über den Tod, sie schreibt auch darüber. In ihrem ersten Buch “Was bleibt, wenn wir sterben. Erfahrungen einer Trauerrednerin” hat sie ihren Weg zu dem neuen Beruf beschrieben. Eine Erkenntnis: “wie einzigartig und wertvoll wir alle in unserer Alltäglichkeit sind.” Oft seien es die kleinen Dinge aus dem Leben der Verstorbenen, an die sich diejenigen, die ihn oder sie liebten, am längsten erinnern, so ihre Beobachtung.
In ihrem neuen Buch nimmt die Autorin trauernde Menschen an die Hand. Sie hat ein “Journal für die Zeit der Trauer” konzipiert. Damit möchte sie den Leserinnen und Lesern ermöglichen, ihre Erinnerungen und Gefühle aufzuschreiben. “Das Aufschreiben meiner Trauergeschichte machte mir bewusst, wie menschlich es ist, sein Leid unterdrücken zu wollen, aber auch, wie viel Kraft das Verdrängen kosten kann”, schreibt sie. “Es machte mir deutlich, wie wir uns durch das Schreiben mit uns selbst und mit unseren Verstorbenen verbunden fühlen und dadurch manches im Leben des anderen und im eigenen Leben besser verstehen können.”
Niemand sollte sich seiner Trauer schämen
Als trauernde Person erfährt man mitunter von der eigenen Umgebung nur begrenzt Verständnis. Sechs Monate, so sagt die Trauerrednerin in ihrem ersten Buch, würden einem generell eingeräumt – danach müsse es dann aber auch gut sein. Doch davon möge man sich nicht irritieren lassen, schließlich “sollte sich niemand seiner Trauer schämen müssen. Niemand sollte das Gefühl haben, versagt zu haben, weil er nicht so souverän sein kann, wie die Gesellschaft es erwartet.”
Humor hilft, sagt sie an gleicher Stelle. Denn: “Oft sind es die Menschen, um die wir trauern, die uns vorgelebt haben, wie das geht; wie man dem Ernst des Lebens mit etwas Leichtigkeit begegnen kann, bis in den Tod.”
In dem Journal führt Brown den Leser oder die Leserin von den letzten gemeinsamen Momenten mit der verstorbenen Person durch den Prozess des Trauerns. Sie ermutigt dazu, sich den Verstorbenen noch einmal vorzustellen und Erinnerungen niederzuschreiben. Was hilft auf diesem schwierigen Weg?
Schreiben als Hilfe im Prozess des Trauerns
Für die Trauerrednerin selbst ist es definitiv das Schreiben. Sie weiß, dass das nicht für jede und jeden der naheliegende Weg ist; dennoch ermutigt sie dazu – wegen der positiven Wirkung. Denn ihrer Erfahrung nach gibt das Aufzeichnen der eigenen Gedanken und Erinnerungen Kraft, “um zu entdecken, zu verstehen, anzunehmen und im Leben weiterzugehen.”
Brown glaubt an die Kraft des Wortes und daran, dass Schreiben heilsam sein kann. Das Schreiben, so wie sie es in dem von ihr konzipierten Journal anbietet, soll die Leser dabei unterstützen, “die Trauer in seinen Alltag zu integrieren und sich mit ihr zu arrangieren; sie nicht nur als etwas Belastendes, sondern auch als etwas Wertvolles anzuerkennen.”
Die meisten Menschen verbinden Trauer mit Schmerz – Louise Brown weist auf das hin, was sie als wertvoll bezeichnet: “Denn wer trauert, hat eine Liebe, eine Freundschaft, eine Verbundenheit erfahren dürfen. Wie wundervoll es ist, diese Liebe im Leben erfahren zu haben.”
Buchhinweis: Louise Brown, Was bleibt, wenn wir schreiben. Ein Journal für die Zeit der Trauer