Die Pläne der rheinland-pfälzischen Landesregierung zur Abschaffung der Friedhofspflicht für Totenasche stoßen auf deutliche Kritik. Es drohe ein Tabubruch durch die „Privatisierung des Umgangs mit Verstorbenen“, warnten der Direktor des Kasseler Museums für Sepulkralkultur, Dirk Pörschmann, und der Sprecher der Initiative „Raum für Trauer“, Günter Czasny, in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung. Wenn es Hinterbliebenen erlaubt werde, die Asche bei sich zu Hause zu verwahren oder in der Natur zu verstreuen, würden andere Trauernde die Möglichkeit verlieren, Abschied zu nehmen.
Auch bei Familienstreitigkeiten dürfe Menschen nicht die Möglichkeit genommen werden, „an einem frei zugänglichen, markierten Beisetzungsort ihre individuelle Trauer zu verarbeiten“. Dies mache die besondere Bedeutung von Friedhöfen als frei zugängliche Orte der sozialen Infrastruktur aus. „Ihre positive Wirkung auf das gesellschaftliche Miteinander wird oft unterschätzt“, erklärte Czasny. „Dieses wertvolle Potenzial sollten wir nicht leichtfertig aufgeben, sondern unsere Friedhöfe entsprechend gestalten.“
Rheinland-Pfalz will das Bestattungsrecht umfassend liberalisieren. Eine Novelle des Bestattungsgesetzes sieht unter anderem vor, dass die Sargpflicht entfällt und eine Bestattung auch im Tuch erlaubt wird. Die Totenasche soll nach Schweizer Vorbild zu einem „Diamanten“ als Erinnerungsstück verarbeitet werden oder auch auf mehrere Angehörige aufgeteilt werden können. Der Landtag in Mainz soll voraussichtlich im Juli abschließend über die Reform abstimmen. Auch andere Bundesländer überarbeiten derzeit ihre Bestattungsgesetze.
Kritik an der geplanten Reform hatten bereits die evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz geäußert. Auch sie fürchten, dass die Totenasche zu einer Sache werden könnte, über die Einzelne verfügen, die verloren gehen oder deren Aufbewahrungsort früher oder später in Vergessenheit geraten könne. Auf längere Sicht werde der Verbleib der Asche Verstorbener mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes dem Zufall überlassen.