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Toleranz, Flüchtlinge und Umwelt

Die Landessynode beriet eineinhalb Tage über die Geschicke der Landeskirche und darüber hinaus.

Von Sibylle Sterzik (mit epd)

Reformation und Toleranz war das Hauptthema der 10. Tagung der Landessynode, die am 19. und 20. April in der Berliner Bartholomäuskirche tagte. Im Mittelpunkt standen ein Vortrag von Kirchenrechtler Michael Heinig und das Grundsatzpapier der EKBO „Leben mit dem bleibend Anderen – Toleranz in evangelischer Perspektive“. Erarbeitet von einer Arbeitsgruppe der Kirchenleitung legt das Papier das evangelische Verständnis von Toleranz dar. Darin heißt es, Toleranz habe dort ihre Grenzen, wo Diskriminierung und Unterdrückung drohen. Die Kirche müsse sich gegen Feindbilder und für ein respektvolles Zusammenleben einsetzen und zugleich fundamentalistischen und menschenverachtenden Ideologien entgegentreten: „Christliche Toleranz ist intolerant gegenüber Intoleranz.“ Es enthält auch Thesen, die von der Öffentlichkeitsarbeit der EKBO unter dem Titel „Toleranz nach evangelischem Verständnis“ für das öffentliche Gespräch formuliert wurden. Das Papier soll an alle Bildungsträger der Landeskirche und Gemeinden gehen und als Grundlage dienen, um an dem Jahresthema der Reformationsdekade weiterzuarbeiten (zum Herunterladen: www.ekbo.de/Synode/1077136/).

Heinig kritisierte Sprache kirchlicher Grundsatztexte

Der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig rief Religionsgemeinschaften und ihre Gegner zu mehr Toleranz auf. Toleranz mache es auch möglich, zugleich ein gläubiger Mensch und ein aktiver Bürger eines säkularen Gemeinwesens zu sein, „ohne schizophren zu werden“. Die moderne politische Ordnung erlege allerdings auch Atheisten Zumutungen an Toleranz auf. Die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates verbiete es auch, ein säkulares Weltbild für allgemeinverbindlich zu erklären, so der Göttinger Jura-Professor. Zugleich kritisierte Heinig die Sprache kirchlicher Grundsatztexte. Die bereits im November 2005 von der EKD beschlossene Kundgebung „Tolerant aus Glauben“ beispielsweise sei „anstößig unanstößig“. Dieser Text sei „wie so viele Synodalverlautbarungen, eigentümlich verquer verfasst, in der Privatsprache einer mit sich selbst beschäftigten kirchlichen Funktionselite“. „Welcher normale Christenmensch soll sich diese Mischung aus konfliktverschleiernden Chiffren und nichtssagenden Gemeinplätzen als Lektüre zumuten?“, fragte er in seinem Vortrag. In seinem Wort an die Synode forderte Bischof Markus Dröge mehr Hilfen für Flüchtlinge aus Syrien. Außerdem rief er zum Engagement gegen Rechtsextremismus und für Europa auf. Um den Rechtsextremismus zu bekämpfen, sollten sich auch Kirchengemeinden stärker in Netzwerken gegen Rechts engagieren. Die von der Bundesregierung beschlossene Aufnahme von 5000 syrischen Flüchtlingen in Deutschland sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, reiche aber nicht aus, sagte er.

Mehr Flüchtlinge aufnehmen

Ausgehend von dem Bischofswort fassten die Synodalen einen Beschluss. Sie forderten die Innenminister auf, sich für einen erleichterten Nachzug von Angehörigen syrischer Flüchtlinge einzusetzen, den sofortigen Zugang zu Sprach- und Integrationskursen zu ermöglichen und in der Wohnungspolitik Kapazitäten für Flüchtlingswohnungen einzuplanen, damit Flüchtlinge Aufnahmelage schnell verlassen können. Die Potsdamer Generalsuperintendentin Heilgard Asmus betonte die Dringlichkeit: „Es gibt keine rechtliche Voraussetzung, dass Kommunen Wohnungen zur Verfügung stellen können, das muss gesetzlich geregelt werden.“ Zudem bitten die Kirchenparlamentarier die Politiker, sich für ein reguläres Aufenthaltsrecht für bisher nur geduldete, aber gut integrierte Flüchtlinge einzusetzen. Die Länder Berlin und Sachsen werden gebeten, eine Gesetzesinitiative des Landes Hamburgs für ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht zu unterstützen. Das Land Brandenburg tut das bereits.

EKD soll Kirche sein

Die Landeskirche begrüßte Pläne der evangelischen Kirchen in Deutschland, als Kirchengemeinschaft enger zusammenzurücken. Dazu forderte die Synode die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) auf, ihre Kirchenverfassung, die Grundordnung, zu ändern. Darin soll festgehalten werden, dass auch der Zusammenschluss der weiterhin selbständigen Landeskirchen selbst als Kirche zu verstehen ist.Verabschiedet wurden erstmals Kollektenpläne für zwei Jahre, für 2014 und 2015. Vorgesehen sind auch wieder Sonntage, an denen die Gemeinden zwischen zwei Kollektenzwecken wählen können. Pröpstin Friederike von Kirchbach kündigte für die Fühjahrstagung 2014 ein Umweltkonzept für die EKBO an. Geplant sei eine genaue Analyse der Stärken und Schwächen kirchlicher Einrichtungen, sagte Kirchbach. In Sachen Umwelt geht das Kirchenparlament selbst mit gutem Beispiel voran. Wie Präses Andreas Böer verkündete, beschloss der Ältestenrat, jährlich 670 Euro als geldwerten Ausgleich für die errechneten CO2-Emissionen bei Synodentagungen in den bundesweiten Klimakompensationsfond einzuzahlen. Er dient dazu, Umweltprojekte in Entwicklungsländern und Osteuropa zu unterstützen. Die Synodalen dankt en der Kreissynode Potsdam für Initiative, den Einbau von Blockheizkraftwerken bekannt zu machen. Die Anregung soll beim Umweltkonzept als gutes Beispiel aus der Praxis aufgenommen werden. Den Antrag der Gemeinde Müggelheim, sich für einen anderen Standort des Großflughafens Berlin einzusetzen, lehnten die Synodalen ab. Die Gemeinden in den Braunkohlegebieten der Lausitz ermutigte die Synode, „nahe bei den Menschen zu sein, auch wenn diese sehr unterschiedliche Positionen vertreten“. Sie bittet alle Gemeinden der EKBO, sich in der Fürbitte mit diesen Gemeinden zu verbinden.

EKBO-Hahn 2013 ausgelobt

Präses Andreas Böer lobte wieder den Preis für gelungene Öffentlichkeitsarbeit in Gemeinden und Kirchenkreisen aus, den EKBO-Hahn. Alle zwei Jahre zeichnet er innovative Projekte aus. In diesem Jahr liegt das Augenmerk auf den neuen Medien Facebook, Twitter [&] Co. und den Versuchen mit neuen Ideen viele Menschen zu erreichen. Erstmals beteiligt sich ausdrücklich auch die Landessynode an der Auslobung. Auf der Herbstsynode im Oktober werden die Preisträger dann prämiert (Nähere Infos Siehe 16 und www.ekbo.de/ekbohahn.de)Am Rande der Synode stellte Theologiestudent Denny Mattern die neue Internetseite zur barrierefreien Kirche vor (www.ekbo-barrierefrei.de). Gemeinden, deren Gebäude barrierefrei sind und Mindeststandards für Menschen mit Behinderung erfüllen, aber auch solche, bei denen sie fehlen, können sich dort eintragen. Auf einer Karte erscheint dann automatisch die jeweilige Kirche, Adresse, Wegbeschreibung und Details über die Möglichkeiten wie Rollstuhlrampe oder Schwerhörigenanlage. Einen Benutzerzugang erhalten Gemeinden über eine Mail an info@ekbo-barrierefrei.de.Die Herbstsynode tagt vom 23. bis 26. Oktober, eröffnet wird sie Kurz vor dem Start der nächsten Kältehilfesaison in der Berliner Stadtmission am Hauptbahnof.