Ibrahim setzt sich auf den Tisch. Die Stühle in seinem Zimmer sind reif für den Sperrmüll, ebenso die Betten. Der Mann aus dem Tschad ist nach Deutschland gekommen, um Asyl zu beantragen. Er lebt in Eisenhüttenstadt, in Brandenburgs Zentraler Erstaufnahmestelle für Asylsuchende. Eines der vier kaputten Betten im Raum ist leer – das seines Freundes, der ebenfalls aus dem Tschad stammte. Er erhängte sich Anfang Juni, hier im Zimmer. Ibrahim fand ihn. Die Aufnahmestelle steht seit Langem in der Kritik: Die medizinische Versorgung sei schlecht. Vor allem für psychisch kranke Flüchtlinge sei sie „eklatant unzulänglich“, äußerte sich nach dem Tod des Mannes etwa der Flüchtlingsrat Brandenburg.Derzeit haben 700 Menschen hier Platz. Sie sind für jeweils drei Monate in abrissreifen Baracken und Wohncontainern untergebracht, bevor sie auf andere Stellen im Land verteilt werden. Mehr als die Hälfte der Asylsuchenden sind Tschetschenen, weitere kommen aus dem Tschad, aus Somalia, Serbien, Syrien und Vietnam.Bundesweit einmalig: Das Innenministerium betreibt die Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber gemeinsam mit einem Wachschutzunternehmen. Das Unternehmen ist für soziale Dinge zuständig und nicht etwa ein sozialpädagogisch erfahrener Träger. „Ohne eine strukturelle Veränderung, vor deren Notwendigkeit die politisch Verantwortlichen bis heute beharrlich die Augen verschließen, werden die Probleme nicht aufhören“, sagt Flüchtlingsratssprecherin Simone Tetzlaff, die im Hauptberuf Flüchtlingsreferentin beim Kirchenkreis Oberes Havelland ist.
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Tod eines Flüchtlings
Ein Selbstmord wirft Fragen nach den Zuständen in Brandenburgs Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt auf.