Artikel teilen:

Tod eines 21-Jährigen: Staatsanwaltschaft sucht Zeugen

Nach dem Tod eines 21-jährigen Mannes in Oldenburg durch Polizeischüsse bittet die Staatsanwaltschaft die Bevölkerung um Mithilfe. Zeugen, die Hinweise zu den Ereignissen in der Nacht zum Ostersonntag in der Oldenburger Innenstadt geben könnten, würden gebeten, sich unter der Telefonnummer 04221/15590 bei der Polizeidienststelle in Delmenhorst zu melden, teilte die Staatsanwaltschaft Oldenburg am Freitag mit.

Der 21-jährige Lorenz A. wurde durch mehrere Schüsse eines Polizisten getötet, nachdem er zuvor Polizeibeamte mit Reizgas angegriffen haben soll. Drei Kugeln trafen ihn laut Obduktionsergebnis von hinten. Gegen den 27-jährigen Polizisten ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Totschlag. Er wurde vom Dienst suspendiert. Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen. Im Zentrum steht dabei die Frage nach einem möglichen Rassismus bei der Polizei, weil der Getötete schwarz war. Für Freitagabend haben Freunde und Angehörige von Lorenz A. eine Demonstration angekündigt.

Ausgangspunkt der Ereignisse in der Nacht zum Ostersonntag war laut Staatsanwaltschaft eine Auseinandersetzung vor einer Diskothek. Danach soll der Oldenburger durch die Innenstadt geflüchtet sein. Die Ermittler werteten zurzeit Video- und Audioaufzeichnungen aus und befragten Zeugen, erklärte die Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus würden das sichergestellte Mobiltelefon des Polizeibeamten und der polizeiliche Funkverkehr ausgewertet. Aufnahmen von Bodycams stehen für die Ermittlungen nicht zur Verfügung, da die Polizeibeamten die Geräte nicht eingeschaltet hatten.

Unterdessen forderte der fordert der Frankfurter Kriminologe Tobias Singelnstein mehr Forschung zu rassistischen Strukturen innerhalb der Polizei. Solche Studien seien „auf jeden Fall“ nötig, sagte der Strafrechtsexperte der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Freitag). Zwar sei schon viel passiert. „Aber die meisten Projekte fokussieren auf die Einstellungen der Beamten und nicht so sehr auf die institutionellen und strukturellen Probleme der Organisation.“

Singelnstein sagte, der Kriminalitätsdiskurs in der gesamten Gesellschaft sei „rassifiziert“. Das gehe nicht spurlos an der Polizei vorbei: „Man kann nicht die ganze Zeit von ‘Clankriminalität’ und ‘Ausländerkriminalität’ sprechen und dann die Augen davor verschließen, dass das einen Einfluss auf die Beamten und Beamtinnen in ihrem dienstlichen Handeln hat.“

Aufgrund der aufgeheizten Stimmung in der Stadt bietet die evangelische Kirche den Menschen Unterstützung an. Trauernde und Menschen mit Redebedarf können täglich ab 17 Uhr zu einem Gesprächsangebot in einem Ausstellungsraum des Stadtmuseums kommen, wie die Kirche mitteilte.