Am Tag nach Trumps erneuter Amtseinführung werfen Theologen US-Geistlichen vor, den neuen Präsidenten zum Messias zu stilisieren und Religion zu missbrauchen. Eine Theologin sieht eine Mitschuld bei Papst Franziskus.
Katholische Theologen und USA-Kenner haben die religiöse Inszenierung zu Beginn der Trump-Präsidentschaft scharf kritisiert. “Die Kriecherei der US-Geistlichen, die bei Trumps Amtseinführung zu sehen war, erinnert mich an Wladimir Putins Kreml und die russisch-orthodoxe Kirche”, sagte der in den USA tätige Theologe Massimo Faggioli am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der italienischstämmige Kirchenhistoriker sprach von einem “Götzendienst”.
Faggioli zeigte sich verwundert über die Beteiligung des New Yorker Kardinals Timothy Dolan bei Trumps Vereidigung: “In seinem Gebet bat Dolan Gott, Trumps ‘Bestrebungen’ zu segnen, ohne zu präzisieren, wie diese Bestrebungen aus christlicher Sicht aussehen sollten. In einem Antrittsgebet könnte über Dinge wie Sünde, Demut und Mitgefühl gepredigt werden; aber davon war nicht viel zu hören”, kritisierte der Experte.
Weniger verwundert äußerte sich die deutsche Theologin Hille Haker am Dienstag im KNA-Gespräch: “Konservative Katholiken, die oft traditionalistischen Richtungen der katholischen Kirche nahe stehen, haben Donald Trump in die Rolle des Messias gebracht; und er hat sie sich mit dem ihm eigenen Machtinstinkt übergestülpt.”
Eine Mitschuld daran trage Papst Franziskus, so Haker. Seine Aussage, Katholiken sollten sich bei der US-Wahl 2024 für das “kleinere Übel” entscheiden, habe die katholische Kirche zur Komplizin des christlichen Trump-Nationalismus gemacht.
Die in den USA lehrende Professorin betonte jedoch: Mit dem Christentum habe das nicht viel zu tun. “Der Präsident, der als Friedensfürst und Befreier auftritt, versteht Freiheit als größtmögliche Brutalität gegenüber denjenigen, die er zu Feinden erklärt hat.” Durch dieses Vorgehen werde Religion für die Blendung der religiösen Bevölkerung missbraucht. Gemäßigte Christen seien hilflos – “weil nach orwellscher Art alle moralischen Begriffe pervertiert sind: Rassismus ist jetzt Gerechtigkeit; Zensur Andersdenkender ist Meinungsfreiheit; Gewalt gegenüber Fremden ist christliche Nächstenliebe”.
Der Eichstätter Theologe und USA-Experte Benjamin Dahlke warnte vor den gesellschaftlichen Folgen dieser Narrative. Politische Entwicklungen würden umstandslos mit Gottes Handeln identifiziert. Das sei gefährlich in einer liberalen Demokratie, die von wechselnden Mehrheiten lebe, so Dahlke auf KNA-Anfrage.