Besonders die Vorweihnachtszeit ist für arme Menschen eine Herausforderung: „Sie können es sich nicht leisten, auf den Weihnachtsmarkt zu gehen oder sich von großen Weihnachtsevents in Stimmung bringen zu lassen“, sagt Klaus Wicher, Leiter des Sozialverbands Deutschland (SoVD) Hamburg. Die Preise auf dem Weihnachtsmarkt seien gestiegen, noch teurer werde es bei strahlenden Glitzerevents wie „Christmas Garden“, wo Familien mindestens 50 Euro Eintritt zahlen. „Das sind Kosten, die Familien mit kleinen Einkommen nicht bezahlen können. Sie können sich den Lichterglanz nicht leisten und bleiben außen vor“, sagt Wicher. Doch die Veranstalter reagieren.
Dass es auch sozial gehen kann, zeigt das „Winterspektakel“. Das Weihnachtsevent gastiert noch bis 5. Januar 2025 auf der Bahrenfelder Trabrennbahn. Der Hamburger Veranstalter Mignon bietet in diesem Jahr erstmals ein Soliticket für Menschen, die sich das Erlebnis sonst nicht leisten können. „Gerade für Familien und soziale Organisationen ist es finanziell nicht möglich, Kulturangebote wahrnehmen zu können. Wir möchten unkompliziert helfen“, sagt Sprecherin Ursula Steinbach. Ziel sei, dass jeder die Chance habe, den nostalgischen Jahrmarkt und die Show erleben zu können.
Soliticket für arme Menschen durch Spenden möglich
Möglich wird die Aktion durch Spenden: Wer im Ticketshop für zehn Euro ein Soliticket kauft, spendiert einem bedürftigen Menschen den „Winterspektakel“-Besuch. Partnerunternehmen wie der Fußballclub FC St. Pauli hätten 300 Tickets gesponsert, weitere Stiftungen würden Essensgutscheine finanzieren. Mitgetragen werde das Soliticket von Hamburger Künstlerinnen und Künstlern, die ohne Gage kurze Auftritte spielen – darunter Jupiter Jones, Sebó, Tilman Pörzgen und Octavian.
Für insgesamt 15 Termine stünden Solitickets zur Verfügung, hieß es. Gemeinnützige Organisationen, Initiativen und Privatpersonen können sich per E-Mail (solitickets@winterspektakel.de) melden. „Der Bedarf ist immens“, sagt Steinbach. 1.500 Solitickets seien bereits vergeben worden, das Kontingent sei noch nicht ausgeschöpft. Steinbach: „Auf dem Gelände ist viel Platz.“
Anfragen aus Jugendheimen, Flüchtlingshilfe und Behinderteneinrichtungen
Neben Anfragen aus Jugendheimen, der Flüchtlingshilfe, Kulturvereinen, Altersresidenzen und Behinderteneinrichtungen kommen viele E-Mails von Familien und Menschen, die alleinerziehend oder arbeitslos sind. Steinbach: „Eltern fragen nach Solitickets für ihre Kinder, weil sie sonst keine Weihnachtsgeschenke für sie haben.“
Anders sieht es beim Lichtkunstevent „Christmas Garden“ aus, das bis zum 12. Januar 2025 im Loki-Schmidt-Garten zu sehen ist. In diesem Winter gebe es erstmals Aktionstage mit Familientickets für 39,50 Euro. Da diese „überaus gut angenommen“ wurden, seien während der Saison Termine hinzugefügt worden. „Wir optimieren unseren Service hinsichtlich der kulturellen Teilhabe innerhalb unserer Möglichkeiten als privatwirtschaftlicher Veranstalter stetig“, teilte die PR-Agentur mit. Zudem gebe es Ermäßigungen für Kinder, Schülerinnen und Schüler, Studierende, Seniorinnen und Senioren. Aber nicht immer: Laut Website gibt es vom 20. Dezember bis 4. Januar keinen Rabatt für Schüler, Studenten und Senioren.
Hamburger SoVD fordert die Stadt auf, mehr Kartenkontingente zu kaufen
Bedürftigen Kindern und Jugendlichen werde gerade in der Vorweihnachtszeit „sehr deutlich“ vor Augen geführt, dass die Eltern nicht genügend Geld haben, betont der Sozialverband. „Das schmerzt und macht traurig. Dies gilt auch für Erwachsene und vor allem auch für Seniorinnen und Senioren“, sagt SoVD-Chef Wicher. Sie könnten der Familie und den Enkelkindern nur kleine Wünsche erfüllen und das Fest nicht so feiern, wie es eigentlich sein sollte.
Um mehr Menschen die Teilnahme an Weihnachtsevents zu ermöglichen, fordert der Hamburger SoVD die Stadt auf, mehr Kartenkontingente zu kaufen und zum Sozialtarif abzugeben. Es wäre „nur fair“, wenn die Stadt wenigstens bedürftigen Kindern und Älteren einen Besuch ermöglichen könnte, sagt Wicher. Daneben gebe es viele kostenfreie Angebote rund um Weihnachten, etwa in Kirchen, Gemeinden oder Stadtteil- und Kulturzentren. Nach wie vor aktuell ist die SoVD-Forderung nach einem Sozialpass. Damit sollen Kultur, Sport und öffentlicher Nahverkehr für Menschen mit geringem Einkommen kostenlos nutzbar sein. Wicher: „Teilhabe an der Gesellschaft gilt für das ganze Jahr – nicht nur zur Weihnachtszeit!“