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Telefonseelsorge: Einsamkeit und Weihnachten sind wichtige Themen

In diesem Jahr waren Einsamkeit und Isolation bei knapp einem Viertel aller Gespräche die Hauptthemen, wenn bei der Telefonseelsorge Darmstadt das Telefon geklingelt hat. „Rund 66 Prozent derer, die uns anrufen, sind alleinlebend. Das nimmt zu“, sagt Ralf Scholl, der als Pastoralreferent des Bistums Mainz und Geschäftsführer bei der Telefonseelsorge tätig ist, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch die Zahl junger Erwachsener und Mittdreißiger, die einsam sind, steige. Immer zu dieser Jahreszeit spiele außerdem Weihnachten eine Rolle und die Frage, wie man die Feiertage verbringen kann.

Als „niedrigschwelliges Angebot“ bietet die Telefonseelsorge in Zusammenarbeit mit dem Darmstädter Bündnis gegen Depression an Heiligabend einen Stadtspaziergang an. Rund ein Dutzend Personen haben sich bereits angemeldet, um durch die Stadt zu spazieren, Liedern zu lauschen und „vielleicht einen Text zu lesen. Zudem gibt es eine gemeinsame Suppe – so ist der Abend gestaltet und man kann ein Stück weit aus der Einsamkeit herauskommen“, sagt Scholl.

Insgesamt 76 Ehrenamtliche halten alleine in Darmstadt das Angebot der Telefonseelsorge rund um die Uhr und an jedem Tag aufrecht. Von Jahr zu Jahr blieben die Anruferzahlen konstant. Etwa 1.000 Gespräche führt die Darmstädter Stelle als eine von neun in Hessen jeden Monat – über das Jahr und alle Telefonseelsorge-Stellen verteilt kommen landesweit etwa 100.000 Gespräche zusammen, sagt der Geschäftsführer. Im Schnitt dauert ein Gespräch 22 Minuten, wobei die Bandbreite von fünf Minuten bis eineinhalb Stunden reiche. Je nach Problemlage „bleiben wir natürlich auch länger dran“, sagt Scholl.

Trotzdem sei Erreichbarkeit für die Telefonseelsorge immer ein Thema. „Es passiert leider oft genug“, erklärt Scholl, dass die Leitungen aller vier Stellen im Rhein-Main-Gebiet belegt sind. „Es gibt Rückmeldungen von Anrufern, die erzählen, sie hätten es heute schon zwanzig Mal probiert“. Dies sei kein gutes Zeichen. „Wir wissen, dass zwei Prozent derer, die uns erreichen, akut suizidal sind. An zwei von drei Tagen ruft jemand mit akuten suizidalen Absichten an“, sagt Scholl. Unter anderem mit doppelten Besetzungen versucht die Telefonseelsorge, ihre Erreichbarkeit noch zu verbessern, doch die Kapazitäten sind begrenzt.

Die Anforderungen an Ehrenamtliche sind hoch. Es gibt einen Auswahltag und Vorabgespräche, danach ist ein Jahr Zeit für 150 bis 170 Stunden Ausbildung. Wichtig sind, unter anderem, mentale Stabilität, die Fähigkeit, sich gut ausdrücken zu können und Kreativität. „Und das Ganze anonym. Die Ehrenamtlichen dürfen nicht nach außen treten und sagen, dass sie bei der Telefonseelsorge sind“, sagt Scholl. Das große Engagement der Ehrenamtlichen erklärt Scholl mit „einer enorm hohen intrinsischen Motivation, einen Dienst zu tun und Menschen in ihren Krisen und Nöten beizustehen.“