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Teamworker in einer herbstlich „bunten Gemeinde“

Afrikanisches Pastorenpaar geht neue Wege in der Gottesdienst- und Gemeindearbeit in Hagen. Musik kommt dabei besondere Bedeutung als Brückenbauer zu in ihrer Gemeinde, in der Menschen aus vielen Kulturen zusammenkommen

Für Jessica Festus aus Namibia ist klar: „Wir wollen gemeinsam eine Gemeinde Jesu Christi sein. Durch den Glauben an Christus sind wir alle Kinder Gottes.“ Im Gottesdienst zuvor hatte ihr Mann Joaquim Mbuta betont: „In Christus gibt es nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau, nicht Afrikaner und Deutsche, nicht Fremde und Einheimische, Asylbewerber und Menschen mit Bleibeerlaubnis. Aber das ist in den Herzen der Christen hierzulande noch nicht überall angekommen.“
Dennoch ist das Pastorenpaar nicht resigniert – vielmehr brennen sie für ihre Idee, eine integrative, transkulturelle Gemeinde zu schaffen. Daran arbeiten beide seit 2014 in der Kirche Am Widey, der baptistischen Gemeinde in Hagen.
Davor war das in Schwerte lebende Paar in einer französischsprachigen Gemeinde in Bochum aktiv. Dort kamen Menschen aus verschiedenen afrikanischen Ländern zusammen. „Aber dieses Modell war für uns hier in Deutschland nicht das Beste. Die Kinder sprachen besser Deutsch als Französisch, und wir als Eltern hatten Schwierigkeiten die deutsche Sprache, gerade auch für unsere Missionsarbeit, zu lernen“, erinnert sich Jessica. Ihre Familie wollte sich deshalb in eine deutschsprachige Gemeinde integrieren.

Arbeitskreis als Spiegel kultureller Vielfalt

Einen deutschsprachigen, theologischen Abschluss hatten beide nicht. Und eine Frau als Pastorin konnte man sich in der französischsprachigen Gemeinde auch nicht vorstellen. Doch beim Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland nahmen sie am „Pastoralen Integrations- und Ausbildungsprogramm“ (PIAP) teil und fanden in Hagen einen Mentor, der sie über die drei Jahre begleitete. Vor Kursbeginn müssen die Teilnehmenden bereits drei Jahre Erfahrung mit Leitungsaufgaben in einer Gemeinde mitbringen. Danach können sie zum Pastor oder zur Pastorin ordiniert werden.
Jessica und ihr Mann, der aus Angola stammt, suchten und fanden eine Gemeinde in Hagen, wo sie arbeiten wollten. In Gottesdiensten dort hatten sie selten eine andere Familie aus Afrika angetroffen, auf den Straßen aber viele Migranten.  So luden sie Menschen auf der Straße zum mehrsprachigen Bibelkreis ein. Später gründeten sie mit Unterstützung der Gemeindeleitung ein integratives Team.
„Wir nennen es ,Bunte Gemeinde‘. Das sind unsere Gesprächspartner, um neue Projekte zu initiieren.“ Es sei wichtig, dass aus allen kulturellen Traditionen, die integriert werden sollen, auch Menschen in diesem Arbeitskreis vertreten sind. „Nur wer mitgestalten kann, fühlt sich auch als Teil von etwas“, betont Jessica. Erst kürzlich waren persisch-sprachige Christen im Gottesdienst.
Das gelingt nicht mit allen. „Die syrischen Flüchtlinge, die in unseren Sprachkursen waren, waren bald wieder weg. Wir haben ihre Sprache nicht gesprochen und waren mit unseren Angeboten zu weit entfernt von ihren Bedürfnissen“, sagt sie. Auch viele Afrikaner seien nach einigen Gottesdienstbesuchen am Sonntagmorgen nicht mehr gekommen.  
Gottesdienste sollten nicht zu traditionell deutsch und nicht zu traditionell afrikanisch sein – „zeitgenössische Popularmusik kommt aber meist gut an“. Musik also als Brückenbauer. Im Gottesdienst sollten alle Kulturen etwas beitragen und Emotionen geweckt werden. „Die Predigt sollte wirklich jeder verstehen können. Wir sprechen verschiedene Sprachen, aber es gibt immer eine deutsche und englische Übersetzung.“ Beten in mehreren Sprachen sei ganz einfach, wenn man sich daran gewöhnt, „dass jeder gleichzeitig laut betet“.
Jessica weiß, dass dieser integrative Stil nicht allen gefällt. Aber viele Erwachsene bleiben, vor allem wegen der Kinder. Für sie gibt es zur Gottesdienstzeit kreative Angebote und einen Kindergottesdienst in drei Altersgruppen. Das kennen viele so schon aus ihrem Kindergarten und aus der Schule.

Internet:

Die Autorin, Christina Biere, ist Regionalpfarrerin im Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe) der westfälischen Kirche und zuständig für die Kirchenkreise Dortmund, Hagen, Hattingen-Witten und Schwelm.