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Tausende bei Pro-Abtreibungs-Demos – Debatte um Thema dauert an

Mehrere tausend Menschen demonstrierten in Berlin und Karlsruhe für die umstrittenen Änderungsvorschläge bei den Regelungen für Schwangerschaftsabbrüche. Und am Wochenende meldete sich auch FDP-Chef Lindner zu Wort.

Die Debatte über mögliche Änderungen der geltenden Abtreibungsregelungen dauert an. Am Samstag gingen mehrere tausend Menschen in Berlin und Karlsruhe auf die Straße, um für Reformen und die Verabschiedung eines vorliegenden, aber umstrittenen Entwurfs von Bundestagsabgeordneten noch vor den Neuwahlen im Februar zu demonstrieren. FDP-Chef Christian Lindner sprach sich in einem Medienbericht dafür aus, legale Abtreibungen künftig von Krankenkassen bezahlen zu lassen.

In Berlin versammelten sich bis zu 3.000 Menschen zu der Demo unter dem Motto “Abtreibung legalisieren – jetzt!”, wie die Polizei am Sonntag auf Anfrage mitteilte. Demnach kam es auch zu zwei Gegendemonstrationen mit jeweils einer Teilnehmendenzahl im mittleren einstelligen Bereich. Insgesamt seien neun Strafanzeigen im Umfeld des großen Protests aufgenommen worden, unter anderem wegen Körperverletzung, fünf Personen seien vorläufig festgenommen worden.

In Karlsruhe waren laut Polizei etwa 2.000 Menschen dem Aufruf der Veranstalter gefolgt. Es sei zwei Mal unerlaubt Pyrotechnik verwendet worden, außerdem sei es zu “Provokationen” von außerhalb der Demo gekommen. Die Veranstalter, ein Bündnis aus mehreren Organisationen, sprachen am Samstag von insgesamt rund 7.000 Demonstrierenden in beiden Städten. Sie begrüßten den jüngsten Entwurf zur Änderung von Abtreibungsregelungen.

Dieser stammt vor allem von Abgeordneten der SPD und der Grünen und sorgt derzeit für eine Kontroverse in Politik und Gesellschaft. In dem Papier heißt es, dass die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs künftig von der Krankenkasse übernommen werden sollen. Auch sollen Abtreibungen bis zur zwölften Woche grundsätzlich rechtmäßig sein. Eine Pflicht zur Beratung soll bleiben, allerdings ohne die derzeit geltende Wartezeit von drei Tagen bis zur Abtreibung.

In Deutschland sind derzeit Schwangerschaftsabbrüche laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen bleiben aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ebenso straffrei bleibt der Eingriff aus medizinischen Gründen sowie nach einer Vergewaltigung.

FDP-Chef Lindner sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag): “Unsere Gesellschaft braucht mehr Empathie für Frauen in einer so schweren Lebenssituation.” Ein Ausdruck von Empathie wäre es seiner Meinung nach, wenn Krankenkassen die Kosten für legale Schwangerschaftsabbrüche übernähmen. Die Betroffenen stünden vor großen Herausforderungen, so Lindner. “Sie müssen sich über das eigene Leben und das des ungeborenen Kindes Gedanken machen. Sie müssen sich qualifizierte ärztliche Betreuung suchen – was in vielen Teilen des Landes gar nicht so einfach ist.”

Zurückhaltend zeigte sich Lindner mit Blick auf den Gruppenantrag. “Berücksichtigt werden sollte, dass für die Regelung des legalen Schwangerschaftsabbruchs ein gesellschaftlicher Konsens gefunden wurde, der nicht alle befriedigt, der aber stabil ist.” In jedem Fall sei aber eine Bundestagsabstimmung noch vor der Wahl im Februar nicht sinnvoll. “So ethisch komplexe Fragen sollten sorgfältig beraten werden – und nicht hopplahopp.”

Vor einiger Zeit hatte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) gesagt: “Eine fehlende oder kompliziert zu beantragende Kostenübernahme stellt eine unnötige Belastung dar. In allen Fällen, in denen der Abbruch nicht strafbewehrt ist, sollten die Kosten erstattet werden können.”

Am Mittwoch hatte Welskop-Deffaa erklärt, bei dem Antrag dränge sich die Frage auf, ob damit die Autonomie der Frau strafrechtlich als deutlich schützenswerter eingestuft werde als das Lebensrecht des Kindes. Sie rief zudem zu einer breiten gesellschaftlichen Debatte zu Abtreibungen auf. Eine schnelle Entscheidung über den Gesetzentwurf ohne vertiefte Prüfung in einem geordneten Anhörungsverfahren erscheine unmöglich.