Heiß begehrt, doch mit bitterem Beigeschmack? Eine Studie stellt den Großteil der Supermarkt-Schokolade in Deutschland an den menschenrechtlichen Pranger. Ein Handelsverband mahnt zu Differenzierung.
Die in deutschen Supermärkten verkaufte Schokolade stammt laut einer Studie zum Großteil aus ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen. So hätten sich vier der größten Supermarktketten des Landes nur für weniger als vier Prozent der angebotenen Kakaoprodukte verpflichtet, existenzsichernde Preise für die Kakaobauern in den Produktionsländern zu zahlen, heißt es in der am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung der Entwicklungsorganisation Oxfam. Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels spricht von einem komplexen Handelsgeflecht und wünscht sich einen differenzierten Blick. Auch Schokoladenhersteller, -marken und die Konsumenten seien in der Pflicht.
Oxfam beruft sich für die Studie unter anderem auf eine Umfrage unter Kakaobauern in Ghana, nach der Elfenbeinküste das größte Produktionsland für Kakaobohnen. Demnach erhielten dort rund 90 Prozent der Bäuerinnen und Bauern kein existenzsicherndes Einkommen aus ihrer Arbeit. Zugleich hätten hierzulande die großen Supermarktketten eine enorme Marktmacht. Etwa 86 Prozent der in Deutschland verkauften Schokolade gehe in den Supermärkten über die Kasse.
“Wer hierzulande im Supermarktregal nach Schokokeksen oder Osterhasen greift, erhält zum Großteil Produkte, die unter Ausbeutung hergestellt sind”, erklärt Oxfam-Referent Tim Zahn. Die Verantwortung für den Erhalt von Menschenrechten dürfe dabei nicht auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abgeschoben werden. Oxfam fordert deshalb, die Unternehmen stärker dazu zu verpflichten, existenzsichernde Kakaopreise an die Produzenten zu zahlen. “Wer von internationalen Märkten profitiert, muss Menschenrechte schützen.”
Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels erklärte, er teile das Interesse von Oxfam, die Lebenssituation der Kakaobäuerinnen und -bauern zu verbessern. Zugleich warb der Dachverband für eine differenzierte Sicht auf den Handel. “Die Wertschöpfungskette Kakao ist sehr komplex und erfolgt über diverse Stufen: Kleinbauern, Kooperativen, Zwischenhändler und Rohstoffbündler, Verarbeiter/Industrie und Handel”, sagte Geschäftsführer Philipp Hennerkes auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Es brauche daher wirkungsvoller Brancheninitiativen, aber auch mehr Förderung für soziale Verbesserungen in den Produktionsländern durch die internationale Politik. “In Deutschland werden etwa sieben Prozent des weltweit erzeugten Kakaos verwertet. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es ganzheitlicher Ansätze bedarf, um auch die Erzeugung und Verwertung der weiteren 93 Prozent sozial gerechter zu gestalten”, so Hennerkes.
Im Bezug auf die Supermarktketten argumentierte er, dass zwischen Eigenmarken und Markenprodukten unterschieden werden müsse. Letztere machten zwei Drittel aller in den Märkten verkaufen Produkte aus. “Auf deren Gestaltung auch mit Blick auf Rohstoffe hat der Lebensmittelhandel keinerlei Einfluss.” Deswegen müssen auch Markenhersteller ihren Beitrag zur Einhaltung von Sozialstandards leisten. Zudem bestimme der Markt das Angebot, betonte Hennerkes. Wichtig sei deshalb eine umfänglichere Sensibilisierung der Verbraucherinnen und Verbraucher für nachhaltigen Konsum.