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Jüngere schätzen ihre psychische Gesundheit zunehmend schlechter ein

Die psychische Gesundheit von Menschen unter 50 Jahren hat sich einer Studie zufolge seit 2016 deutlich verschlechtert. Erstmals wiesen sie im Jahr 2022 sogar eine schlechtere psychische Gesundheit auf als die Gruppe der über 50-Jährigen, wie aus einer Veröffentlichung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervorgeht. Die Daten stammen aus einer Selbsteinschätzung der Befragten des sogenannten Sozio-oekonomischen Panels. Zunächst hatten die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag) berichtet.

Laut der Studie erlebte die psychische Gesundheit junger Menschen unter 50 Jahren seit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 einen weiteren Abwärtstrend, „je jünger, desto stärker“. Bei Menschen über 50 Jahren scheine sich die psychische Gesundheit hingegen wieder zu erholen. Sie schätzten diese 2022 etwas besser ein als noch zwei Jahre zuvor. Rund um die Finanzkrise 2008 sei die Entwicklung eine andere gewesen: Damals seien alle Altersgruppen scheinbar ähnlich betroffen gewesen und hätten sich ähnlich schnell davon erholt, hieß es.

Die Forscher führen den Unterschied in der Entwicklung zwischen den Altersgruppen auch auf anhaltende Sorgen zurück, die sich vor allem die Jüngeren angesichts von Krisen wie der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine machen. Die psychische Gesundheit der unter 50-Jährigen habe im Jahr 2022 sogar unterhalb des Niveaus von 2002 gelegen. „Somit sind zwei Jahrzehnte des gesundheitlichen Fortschritts verloren“, schreiben die Autoren.

Der Studienautor und DIW-Gesundheitsökonom Daniel Graeber forderte, das Thema psychische Gesundheit auch im beruflichen Umfeld ernst zu nehmen. Es sei „wichtig, psychische Erkrankungen endlich zu entstigmatisieren und den Betroffenen nicht zu unterstellen, sie würden nicht arbeiten wollen“, sagte er den Funke-Zeitungen. Prävention und Therapie psychischer Erkrankungen sollten im beruflichen Kontext an Bedeutung gewinnen.

In der Studie werden etwa mehr niedrigschwellige Unterstützungsangebote gefordert. Statt Betroffenen Vorwürfe zu machen, müssten psychische Erkrankungen rechtzeitig erkannt und therapiert werden.

In der Studie wird die psychische Gesundheit der Menschen in Deutschland als „potenzieller Faktor für den hohen Krankenstand analysiert“. Grundlage der Auswertung sind aktuelle Daten aus dem Sozio-oekonomischen Panel, in dem seit 1984 regelmäßig die in Deutschland lebenden Menschen zu ihrer aktuellen Lebenssituation befragt werden.