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Studie: Integrationsklima weiterhin gut, aber leicht gesunken

Vielen Debatten zum Trotz bewerten die Menschen in Deutschland das Integrationsklima in einer Studie mehrheitlich positiv. Es zeigen sich aber leichte Verschiebungen – vor allem bei Befragten ohne Zuwanderungsgeschichte.

Die Menschen in Deutschland blicken laut einer aktuellen Studie mit leicht gestiegener Skepsis, aber weiterhin positiv auf die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Der sogenannte Integrationsklimaindex des Sachverständigenrats für Integration und Migration liegt mit 66,3 von 100 möglichen Punkten auf demselben Wert wie 2020, aber 2,3 Punkte niedriger als 2022. Das sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Hans Vorländer, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung des aktuellen Barometers.

In vier untersuchten Teilbereichen – Nachbarschaft, Arbeitsmarkt, soziale Beziehungen und Bildung – misst die seit 2015 durchgeführte Studie über die Jahre ein stabil positives Integrationsklima. Für das von Bund und Ländern geförderte “Integrationsbarometer” wurden von November 2023 bis Juli 2024 rund 15.000 Menschen befragt, davon rund 8.000 ohne Migrationshintergrund und 7.000 mit. Die Ergebnisse seien repräsentativ gewichtet, hieß es.

Nach dem Hoch von 2022 habe sich das Integrationsklima leicht verschlechtert, erklärte Vorländer. “Gleichwohl bewerten Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte das Integrationsklima weiterhin mehrheitlich deutlich positiv – anders als die oft hitzigen medialen Debatten um Migrationssteuerung vermuten lassen.” Unter den Befragten ohne Migrationshintergrund lasse sich allerdings eine skeptischere Wahrnehmung beobachten. In dieser Gruppe sei der Index um 3,2 Punkte auf 64,9 Punkte gefallen, während er bei Menschen mit Migrationshintergrund nahezu unverändert bei 70,3 Punkten liege.

In den Bereichen Arbeitsmarkt und soziale Beziehungen werde das Integrationsklima deutlich positiver bewertet als in den Bereichen Nachbarschaft und Bildung, erläuterte Vorländer. Eine Ursache könne eine gestiegene Skepsis gegenüber der Integrationsfähigkeit des Bildungssystems sein. So würden laut der Befragung nur noch 55 Prozent derjenigen ohne Migrationshintergrund ihre Kinder an Schulen mit hohem Migrantenanteil anmelden. 2022 seien es noch 65 Prozent gewesen.

“Wenn Eltern solche Schulen meiden, dann trägt dies zu schulischer Segregation bei; das wiederum erschwert den interkulturellen Austausch und kann dazu führen, dass sich spezifische Problemlagen an einzelnen Schulen bündeln”, erklärte Sachverständigenratsmitglied Marc Helbling. Da das Vertrauen in das Schulsystem insgesamt zurückgegangen sei, könnten bei der Bewertung aber auch Faktoren wie der Lehrkräftemangel oder eine mangelnde Ausstattung der Schulen eine Rolle spielen.

Laut Studie gehen rund zwei Drittel der Menschen mit und ohne Migrationshintergrund davon aus, dass Geflüchtete langfristig einen positiven wirtschaftlichen Beitrag leisteten und Deutschland kulturell bereicherten. “Wir sehen eine größere Offenheit gegenüber kultureller Vielfalt als noch vor sechs Jahren”, sagte Vorländer. Allerdings nehme jeder Dritte Geflüchtete zunächst als Bedrohung für den Wohlstand wahr.

“Diese Wahrnehmung ist im Zusammenhang mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und dem weiteren Ausblick in Deutschland zu sehen, der von Rezessionsängsten geprägt ist”, so Vorländer. Die Forschung zeige, dass die Skepsis gegenüber dem Integrationsgeschehen zunehme, wenn die wirtschaftliche Situation schlechter werde oder die Arbeitslosigkeit steige. Dennoch gebe es weiterhin eine große Bereitschaft, insbesondere Schutzsuchenden, die vor politischer Verfolgung oder Krieg fliehen, Asyl zu gewähren. Diese Bereitschaft reduziere sich aber deutlich, wenn Menschen vor Armut fliehen und dabei nur eine geringe Bildung aufweisen.