In Kamerun waren 2024 rund 3,4 Millionen Menschen dringend auf Hilfe und Schutz angewiesen. In der Öffentlichkeit ist das kaum bekannt. Das gilt laut einem aktuellen Ranking auch für andere humanitäre Krisen in Afrika.
Viele Fluchtkatastrophen in Afrika spielen sich nach Angaben des “Norwegian Refugee Council” unter dem Radar der Öffentlichkeit ab. In der von der Hilfsorganisation veröffentlichten Rangliste der am stärksten vernachlässigten Krisenregionen der Welt liegt Kamerun auf dem ersten Rang, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe vor der Präsentation der Studie am Dienstagnachmittag in Berlin berichten.
In dem westafrikanischen Land waren demnach im vergangenen Jahr rund 3,4 Millionen Menschen dringend auf Hilfe und Schutz angewiesen. Der Grund seien vor allem Folgen des Klimawandels sowie schwere Gewalttaten durch islamistische Terrororganisationen wie Boko Haram. Mehr als 1,1 Millionen Menschen wurden den Angaben zufolge innerhalb des 30-Millionen-Einwohner-Landes vertrieben. Fast eine halbe Million Geflüchtete und Asylsuchende kämen zudem aus Nachbarstaaten und suchten in Kamerun Schutz. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen gehe von rund zwei Millionen Vertriebenen und Schutzsuchenden aus.
Nach Kamerun finden laut “Norwegian Refugee Council” weitere Vertreibungskrisen in afrikanischen Staaten weltweit kaum Beachtung, darunter in Äthiopien, Mosambik, Burkina Faso, Mali und Uganda. Die Hilfsorganisation wertete für ihre diesjährige Rangliste der zehn am meisten vernachlässigten Vertreibungskrisen weltweit nach eigenen Angaben 34 Konfliktregionen anhand von drei Kriterien aus: mangelnde Finanzierung, fehlende mediale Aufmerksamkeit und Mangel an wirksamen internationalen politischen und diplomatischen Initiativen.
So sei der humanitäre Hilfsplan für Kamerun nur zu 45 Prozent finanziert gewesen – von den erforderlichen 371 Millionen US-Dollar wurden 168,2 Millionen US-Dollar bereitgestellt, berichten die Zeitungen der Funke Mediengruppe.
“Viele vertriebene Familien, darunter Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, leben abgelegen ohne Rechtsschutz oder die Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen”, sagte der Regionaldirektor für Zentral- und Westafrika beim “Norwegian Refugee Council”, Hassane Hamadou. Das gelte vor allem für den äußersten Norden des Landes, am Tschadsee. Zudem leide diese Region, die ärmste in Kamerun, unter schwerer Ernährungsunsicherheit, so Hamadou.