Der Hessische Landtag hat den von der AfD und dem Fraktionslosen Sascha Herr beantragten Corona-Untersuchungsausschuss vorerst nicht eingesetzt. Der Einsetzungsantrag verstoße „in vielen Punkten gegen elementare Grundsätze unserer Verfassung“, sagte CDU-Politiker Ingo Schon am Mittwochabend während der Plenardebatte in Wiesbaden. Im Anschluss beauftragte der Hauptausschuss die Kanzlei des Hessischen Landtags damit, drei verfassungsrechtliche Gutachten zum Einsetzungsantrag und der weiteren Vorgehensweise anfertigen zu lassen.
Die beiden Regierungsfraktionen CDU und SPD hatten im Vorfeld der Debatte bereits einen anderen Juristen mit einem Gutachten zum Einsetzungsantrag beauftragt. Dessen Einschätzungen zufolge weise der mehrere Verstöße gegen die Verfassung auf, sagte CDU-Fraktionsvorsitzende Ines Claus. Ein Problem sei der Umfang dessen, was laut Antrag alles untersucht werden sollte. Wie Ingo Schon im Plenum erläuterte, müssten dem Antrag nach etwa mit dem Robert-Koch-Institut und der Ministerpräsidentenkonferenz Institutionen untersucht werden, für die der Hessische Landtag keine Kompetenz besitze. „Sie haben einen Einsetzungsantrag für den Bundestag geschrieben, wir sitzen im Hessischen Landtag“, sagte Schon in Richtung der AfD.
Laut hessischem Untersuchungsausschussgesetz hat der Landtag allerdings die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, wenn mindestens ein Fünftel aller Abgeordneten einen solchen beantragen. Dies ist beim Corona-Untersuchungsausschuss der Fall. Wenn der Landtag Teile des Einsetzungsantrags für verfassungswidrig hält, muss dem Gesetz nach ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden, der nur das untersucht, was der Landtag nicht für verfassungswidrig hält. Darauf beruft sich die AfD.
Laut Ingo Schon beziehe sich der AfD-Antrag mit all seinen 43 Punkten jedoch immer wieder auf einen einleitenden Passus, der dem bereits vorliegenden Gutachten nach verfassungswidrig sei. Es sei deshalb nicht klar, was ein Untersuchungsausschuss genau untersuchen dürfe. Der Landtag hatte zum Ende der Debatte beschlossen, den Antrag an den Hauptausschuss zu überweisen, der sich mit verfassungsrechtlichen Fragen befasst und direkt im Anschluss getroffen hat.
Der AfD-Fraktionsvorsitzende Robert Lambrou betonte dort, dass der Einsetzungsantrag aus Sicht der AfD verfassungsrechtlich korrekt sei. Er habe die Sorge, dass dem Untersuchungsausschuss „inhaltlich die Zähne gezogen werden sollen“. Es sei nicht in Ordnung, dass kein Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde. „Wir als AfD-Fraktion trauen Ihnen schlichtweg nicht“, sagte Lambrou an die anderen Fraktionen gewandt. Marius Weiß (SPD) betonte wiederum, dass der Landtag keinen verfassungswidrigen Untersuchungsausschuss einsetzen dürfe.
Dem Beschluss des Hauptausschusses zufolge sollen die drei von der Kanzlei des Hessischen Landtags beauftragten Gutachten bis 7. Juni vorliegen. Am 11. Juni sollen diese im Hauptausschuss nochmals vorgestellt und mit den Gutachtern besprochen werden. Für diesen Weg stimmten im Hauptausschuss Vertreter aller Fraktionen außer der AfD.