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Steinmeier und Verbände sehen Rückschritt bei Gleichberechtigung

Nach vielen Jahren des Fortschritts würden die Rechte von Frauen vielfach zurückgedrängt, meint der Bundespräsident. Verbände kritisieren eine Zunahme von Gewalt und sehen die Politik gefordert.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat einen Rückschritt bei der Gleichberechtigung von Männern und Frauen in vielen Ländern beklagt. “Global erleben wir, wie populistische Parteien den Eindruck erwecken wollen, Gleichstellung sei eine fixe Idee progressiver Kräfte”, sagte Steinmeier am Freitag in Berlin. Er sprach bei einer Veranstaltung zum Internationalen Frauentag (8. März) im Schloss Bellevue. Auch verschiedene Verbände zeigten sich besorgt darüber, dass Frauenrechte in die Defensive gerieten.

Der Bundespräsident betonte weiter: “Wir erleben große Tech-Unternehmen, die lange stolz auf ihre Modernität waren und nun neuerdings und nur auf das politische Kommando einer neuen Administration hin Diversitätsprogramme einstellen und von einer neuen ‘maskulinen Energie’ in Unternehmen und Gesellschaft schwärmen.” Auch die Frauenfeindlichkeit nehme zu, besonders im Netz. Die Folge sei, dass Frauen sich immer öfter zurückzögen, Bürgermeisterinnen zurückträten und Abgeordnete ihr Mandat niederlegten. Auch im neuen Bundestag sei der Frauenanteil auf 32,4 Prozent gesunken.

Steinmeier verwies darauf, dass dort, wo Frauen und Männer gleichberechtigt seien, Gesellschaften freier, erfolgreicher, demokratischer und offenbar auch glücklicher seien. Es sei kein Zufall, dass “ausgerechnet die Länder, in denen die Gleichstellung am weitesten fortgeschritten und die gesellschaftliche Ungleichheit am geringsten ist – Finnland, Island, Norwegen, Schweden -, dass diese Länder sich Jahr für Jahr die ersten Plätze im ‘World Happiness Report’ sichern”.

Das katholische Hilfswerk Misereor beklagte ebenfalls eine wachsende Diskriminierung von Frauen. Es sei ein fataler Rückschritt für hart erkämpfte Frauenrechte, dass die Gewalt gegen Frauen weltweit zunehme. Frauen und Mädchen trügen weltweit die Hauptlast der Folgen von bewaffneten Konflikten. Misereor verwies dabei auf den Sudan, Kongo, Syrien oder die Ukraine.

Auf eine Zunahme von Straftaten an Frauen in Deutschland verwies der Katholische Deutsche Frauenbund. Besonders alarmierend seien die 938 versuchten oder vollendeten Tötungsdelikte an Mädchen und Frauen, darunter 360 Femizide, so der Verband.

Auf ein Sondervermögen für Frauen pocht der Verband Terre des Femmes. Damit müssten ausreichend Frauenhausplätze sowie Beratungsangebote für von Gewalt betroffene Frauen geschaffen werden. Auch dafür, dass Schwangerschaftsabbrüche und Verhütung für Frauen kostenlos werden, setzt sich die Organisation ein.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte empfiehlt verpflichtende Fortbildungen und Schulungen für Bedienstete der Verwaltung, Justiz und Polizei, um einen effektiven Gewaltschutz zu gewährleisten. Zudem müssten Interventionsprogramme, soziale Trainingskurse und Anti-Gewalttrainings weiter ausgebaut werden, um Täter zur Verantwortung zu ziehen und Gewalt gegen Frauen zu verhindern.