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„Spürbare Hektik durch nichts begründet“

Unterschiedliche Positionen bei Expertenanhörung im Bundestag : Diakonie und Caritas kritisieren Gesetzentwurf. Kommunen und Landesbehörden zeigen sich zufrieden.

BERLIN – Das sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz, das zu mehr Abschiebungen führen soll, stößt weiterhin sowohl auf Ablehnung als auch auf Zustimmung. Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas kritisierten den Entwurf anlässlich einer Expertenanhörung im Bundestag am vergangenen Montag heftig. Die spürbare Hektik beim Verfahren grenze an Panikmache und sei durch nichts begründet, erklärte Caritas-Präsident Peter Neher. Die Regeln für Abschiebungen seien in den vergangenen Jahren bereits deutlich verschärft worden. „Viel mehr geht da nicht", sagte Neher.

Unter den im Innenausschuss angehörten Experten fiel das Urteil indes unterschiedlich aus. Vertreter von Kommunen, Landkreisen und Landesbehörden lobten den Vorstoß für mehr Abschiebungen. Begrüßt wurden unter anderem Sanktionen bei fehlender Mitwirkung der Betroffenen als auch die Unterbringung von Ausreisepflichtigen in getrennten Bereichen der Strafgefängnisse. Die Ausreisepflicht müsse vollzogen werden, hieß es. Dies sei notwendig, um Akzeptanz und Engagement der Bevölkerung zu erhalten, sagte etwa Marc Elxnat vom Deutschen Städte- und Gemeindebund.

Caritas-Präsident Neher kritisierte hingegen, es werde der Eindruck erweckt, abgelehnte Asylbewerber verhinderten in großer Zahl durch ihre mangelnde Bereitschaft zur Mitwirkung, dass sie das Land verlassen müssten. Dabei gebe es sehr oft gravierende Hindernisse wie etwa schwere Krankheiten, familiäre Bindungen in Deutschland, aber auch die erschwerte Passbeschaffung bei der Botschaft des Herkunftslands.

Die Diakonie pochte auf Aufenthaltstitel für Flüchtlinge in Ausbildung. Viele Betroffene lebten „im Graubereich der Duldung und sind formal ausreisepflichtig“, sagte Diakonie-Referent Sebastian Ludwig der „Süddeutschen Zeitung“. Ein Aufenthaltstitel in diesen Fällen „wäre ehrlicher und würde den Menschen Sicherheit geben“. Der Staat habe keinen Überblick über die Ausreisepflichtigen, sagte Ludwig weiter. Nur die Hälfte habe einmal einen Asylantrag gestellt. „Die anderen sind Leute, die etwa ihr Arbeits- oder Touristenvisum überzogen haben oder auch EU-Bürger, die ausreisen müssten.“ So scheiterten geplante Abschiebungen oft nicht daran, dass die Betroffenen nicht angetroffen würden. Zwei Drittel der Abschiebungen im vergangenen Jahr seien vielmehr schon im Vorfeld storniert worden. KNA