Der 7. Oktober war eine Zäsur – auch für Juden in Berlin. Der Jahresbericht von Rias Berlin zeigt, wie dramatisch die Zahl antisemitischer Vorfälle in der Hauptstadt seitdem zugenommen hat.
Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) Berlin hat für 2023 in der Hauptstadt 1.270 antisemitische Vorfälle dokumentiert. Davon hätten sich 783 Vorfälle (61,2 Prozent) zwischen dem 7. Oktober und dem Jahresende ereignet, teilte die Rias-Berlin-Projektleiterin Julia Kopp am Mittwoch anlässlich des veröffentlichten Jahresberichts mit. Die meisten dieser Vorfälle seien Reaktionen auf das Massaker der Hamas und anderer Terrororganisationen in Israel und auf den darauffolgenden Kriegseinsatz Israels im Gazastreifen.
Dabei sei der Oktober 2023 mit 323 Vorkommnissen der Monat mit den meisten Vorfällen, die das Projekt seit seinem Bestehen im Jahr 2015 bisher dokumentiert habe. Im November wurden 279 Vorfälle registriert, im Dezember waren es 188. In den neun Monaten vor dem 7. Oktober kam es durchschnittlich zu 53 Vorfällen pro Monat.
Auch qualitativ haben sich antisemitische Vorfälle laut Rias seit dem 7. Oktober in Berlin verschärft. Es wurde eine Zunahme antisemitischer Gewalt registriert, und auch verbal sowie in Form von Schmierereien wurden Vernichtungsfantasien und -drohungen gegen Israel und gegen Juden enthemmter geäußert und waren im Berliner Stadtbild präsenter.
Der 7. Oktober und der Krieg Israels gegen die Hamas diente dabei als Anlass für eine breite Mobilisierung zu Versammlungen, bei denen in Reden, in Parolen oder auf mitgeführten Transparenten/Plakaten antisemitische Inhalte festgestellt wurden, wie es hieß.
Für 2023 insgesamt wurden zwei Vorfälle extremer Gewalt sowie 34 Angriffe dokumentiert. 2022 waren es ein Vorfall extremer Gewalt und 21 Angriffe gewesen. Gezielte Sachbeschädigungen sind von 31 Vorfällen 2022 auf 52 Vorfälle 2023 gestiegen. Es wurden 49 Bedrohungen verzeichnet, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr (24 Bedrohungen).
Viele Juden ergriffen direkt nach dem 7. Oktober Schutzmaßnahmen, um nicht als jüdisch erkennbar zu sein, oder sie mieden Räume, die ihnen nicht sicher erschienen. Diese umfassenden Auswirkungen sind laut Rias Berlin eine Zäsur für jüdische und israelische Gemeinschaften in der Hauptstadt.