Der Bundestag hat am Donnerstag eine Grundgesetzänderung beschlossen, die das Bundesverfassungsgericht besser vor Einflussnahme, Missbrauch oder Blockade politischer Kräfte schützen soll. Eine Schwächung der Verfassungsgerichte in anderen Ländern war der Politik dafür eine Warnung. Auf die Weise soll das höchste deutsche Gericht besser abgesichert werden:
Das Bundesverfassungsgericht ist neben Bundespräsident, Bundeskanzler, Bundestag und Bundesrat das fünfte Verfassungsorgan. Festgeschrieben war das bislang bereits im Bundesverfassungsgerichtsgesetz. Nun steht es aber auch im Grundgesetz. In Artikel 93 heißt es künftig: „Das Bundesverfassungsgericht ist ein allen übrigen Verfassungsorganen gegenüber selbständiger und unabhängiger Gerichtshof des Bundes.“
* VORGABEN ZUR STRUKTUR IM GRUNDGESETZ
Strukturmerkmale des Bundesverfassungsgerichts, die wichtig für dessen Funktionsfähigkeit und Unabhängigkeit sind, werden künftig im Grundgesetz festgeschrieben. Dazu gehört die Festlegung auf zwei Senate mit jeweils acht Richterinnen und Richtern, die je zur Hälfte vom Bundestag und Bundesrat gewählt werden. In der Verfassung verankert wird auch die zwölfjährige Amtszeit der Richterinnen und Richter, die Altersgrenze von 68 Jahren und der Ausschluss der Wiederwahl.
All diese Merkmale gelten bereits. Sie sind im Bundesverfassungsgerichtsgesetz verankert – ein sogenanntes einfaches Gesetz, das durch eine einfache Mehrheit im Bundestag geändert werden könnte. Künftig müsste man für Veränderungen der Struktur des Gerichts das Grundgesetz ändern, was eine Zwei-Drittel-Mehrheit erfordern würde.
* GESCHÄFTSORDNUNGSAUTONOMIE
Im Grundgesetz ist künftig auch verankert, dass sich das Bundesverfassungsgericht selbst eine Geschäftsordnung gibt, nach der es arbeitet. Bei der Justizreform in Polen, die das dortige Verfassungsgericht schwächte, wurde beispielsweise festgelegt, dass Verfahren in der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet werden müssen, nicht nach ihrer Bedeutung. Wichtige Entscheidungen könnten dadurch politisch verzögert oder blockiert werden. Die sogenannte Geschäftsordnungsautonomie soll derartigen Missbrauch verhindern.
* ALTERNATIVE ZUR WAHL VON RICHTERN BEI BLOCKADE
Für die Wahl von Richterinnen und Richtern am Bundesverfassungsgericht sind Zwei-Drittel-Mehrheiten vorgeschrieben. Mit mehr als einem Drittel der Stimmen im Bundestag könnten Richterwahlen damit blockiert werden. Für diesen Fall gibt es künftig einen Ersatzwahlmechanismus: Hat eines der beiden Organe Bundestag oder Bundesrat innerhalb von drei Monaten keinen Richter gewählt, kann das jeweils andere die Wahl vornehmen.