Es sind noch mehr als 200 Geiseln, die die Hamas in ihrer Gewalt hat. Und obwohl die israelische Armee weit in den palästinensischen Gaza-Streifen vorgerückt ist, fehlt von ihnen jede Spur. In ihrer Verzweiflung sind Angehörige der Entführten nach Europa gereist, um auf das Schicksal ihrer Kinder, Ehepartner und Enkel aufmerksam zu machen. Batsheva Yahalomi Cohen weiß bis heute nicht, was mit ihrem Ehemann und ihrem zwölfjährigen Sohn Eitan passiert ist. „Wir wissen gar nichts. Und ich bin hier, um zu bitten: Helft uns, die Kinder zu retten. Sie sind nicht Teil des Krieges. Eitan ist alleine“, sagt sie.
Batsheva gehört zu einer Gruppe, die in Deutschland ist, um im Bundestag und in Ministerien sowie mit der Presse zu sprechen. Eine zentrale Rolle bei den Verhandlungen über die Geiseln hat Katar. Die radikal-islamische Hamas wird von dem Golfstaat unterstützt und hat dort ein Büro. Die Gruppe um Batsheva traf in Berlin daher auch den Botschafter von Katar.
Von Mann und Sohn seit 7. Oktober nichts mehr gehört
Von ihrem Mann und ihrem Sohn hat sie seit dem 7. Oktober nichts mehr gehört. Sie erzählt, wie sie den Tag der schlimmsten Terrorangriffe in der israelischen Geschichte erlebte, bei dem auch ihr Kibbuz überfallen wurde. Sie habe sich mit ihren drei Kindern im Panikraum ihres Hauses versteckt. Ihr Mann sei draußen geblieben, um die defekte Tür von außen zu schließen. Sie hörte Schüsse, Allahu-Akbar-Rufe. Denn seien die Terroristen gekommen, hätten auf ihren Mann geschossen, sie und die Kinder mit der Waffe bedroht und gezwungen, mitzukommen. Ihr Mann sei verletzt zurückgeblieben.

„Zwei Motorräder kamen. Sie nahmen meinen Sohn Eitan, er ist zwölf, auf das erste Motorrad mit einem der Terroristen, der mein Baby trug.“ Sie und ihre zehnjährige Tochter seien auf das zweite Motorrad gesetzt worden, mit zwei Terroristen. „Zum Glück weinte das Baby: Daher gaben sie mir das Baby.“ Die Fahrt durch den Kibbuz sei der „Horror“ gewesen: „Der ganze Kibbuz stand in Flammen und es waren so viele Terroristen da: Terroristen in Uniform, aber auch viele Leute aus Gaza, die zum Plündern kamen. Es waren Kinder im Alter meines Sohnes dabei.“
Wir brauchen Hilfe, von jedem, der uns helfen kann
Sie seien auf den Motorrädern durch Hunderte von Terroristen in die Nähe der Grenze zu Gaza gefahren worden. Als die Grenze in Sichtweite gewesen sei, habe sie zwei Armeepanzer gesehen. „Die Terroristen begannen zu rennen, es gab ein großes Chaos, und unser Motorrad stürzte – das war das letzte Mal, dass ich meinen Sohn Eitan sah, sein Motorrad fuhr weiter nach Gaza.“ Batsheva konnte mit ihren Töchtern fliehen.
Auch Avihai Brodutch wartet bislang vergeblich auf Nachrichten über seine Ehefrau und seine drei Kinder, die zehn, acht und vier Jahre alt sind. Alle Juden in Israel seien mit Geschichten über den Holocaust aufgewachsen, sagt er. „Mir wurde immer gesagt: nie wieder.“ Deswegen sei Israel gegründet worden. „Ich bin traurig zu sagen, es ist wieder passiert – auf israelischem Boden.“ Sein erster Wunsch sei es, seine Familie wieder um sich zu haben. Sein zweiter Wunsch sei, dass an diesem Punkt Frieden möglich werde. Er sagt, er sei froh, den katarischen Botschafter getroffen zu haben. „Wir brauchen Hilfe, von jedem, der uns helfen kann.“