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Sehenswerte Doku zum Thema Frieden, die hoffentlich etwas bewirkt

Die 90-minütige Doku “Wie Kriege enden und Frieden möglich ist” gibt anhand gelungener und gescheiterter Beispiele Ratschläge für künftige Friedensverhandlungen. Dabei verknüpft sie gekonnt Geschichte und Gegenwart.

“Man schließt Frieden nicht mit Freunden”, lautet der erste Satz der Arte-Doku “Wie Kriege enden und Frieden möglich ist”. Schon das sitzt, weil mitschwingt, dass Friedensverhandlungen – so verdienstvoll sie im Rückblick erscheinen mögen – schon wegen der unter schwierigen Bedingungen notwendigen Kompromisse zunächst weder einfach sind noch automatisch populär. Das können sie erst werden, wenn tatsächlich Frieden einkehrt und wenn dieser auch hält.

Zu den Gesprächspartnern der Doku zählen Verhandler bei diversen, teilweise erfolgreichen Friedensgesprächen – darunter Juan Manuel Santos, der Ex-Präsident Kolumbiens. 2016 erhielt er den Nobelpreis für den Friedensschluss im jahrzehntelangen Bürgerkrieg mit der linken FARC-Miliz. Inspiriert worden sei er von Nelson Mandela dem jahrzehntelang eingekerkerten südafrikanischen Freiheitskämpfer, nach dessen Freilassung es 1990 zur friedlichen Ablösung des Apartheid-Regimes kam.

Von diesem Prozess berichten dann Cyril Ramaphosa, der wie Mandela für den ANC verhandelte und im Juni 2024 für eine zweite Amtszeit als Präsident Südafrikas gewählt wurde, sowie der einstige stellvertretende Polizeiminister des Apartheid-Regimes, Roelf Meyer.

Nach einer Viertelstunde springt der 90-Minüter nach Israel, wo die seit Jahrzehnten tobenden Konflikte seit den Hamas-Massakern vom Oktober 2023 weiter eskaliert sind. Friedensaktivist Eliaz Cohen beschreibt hier sowohl Israel als auch Palästina als “die Weltmeister im Opfer-Sein”.

1978 gab es den Friedensnobelpreis für den im US-amerikanischen Camp David erzielten und bis heute haltenden Frieden zwischen Israel und Ägypten. Camp David könnte als “Blaupause” für Frieden zwischen Israel und Palästina dienen – was freilich kein neuer Gedanke ist, sondern ein eher vergessener. Entsprechende Verhandlungen führten bisher jedenfalls gleich mehrfach nicht zu einem dauerhaften Frieden.

“Politiker, die sich für Frieden vom Programm ihrer Basis lösen, gehen Gefahr ein, als Verräter zu gelten”, umreißt Sergio Jaramilo vom Pariser European Institute of Peace das Dilemma. Das bekam auch Jitzchak Rabin zu spüren, der als israelischer Ministerpräsident 1994 gemeinsam mit Außenminister Schimon Peres und PLO-Chef Jassir Arafat den Nobelpreis erhielt – und im folgenden Jahr von einem rechtsextremen Fanatiker ermordet wurde. Im Jahr 2000 scheiterten vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton angeleierte israelisch-palästinensische Verhandlungen in Camp David erneut.

Womit der Film zu Lehren und Ratschlägen gelangt, die auch auf die Gegenwart zielen, in der in Europa insbesondere ein Frieden zwischen der Ukraine und dem Aggressor Russland erhofft wird. Vermittler müssten allen Parteien helfen, die Einigung in der Heimat als Sieg verkaufen zu können, rät etwa Federica Mogherini, die ehemalige Außenbeauftragte der EU, die als Vermittlerin beim Iran-Atomabkommen mitgewirkt hatte.

Womit der Film in Afghanistan angekommen wäre. Hier begannen schon Ende 2001 – also noch im Jahr des Anschlags auf das World Trade Center – die Friedensverhandlungen auf dem Petersberg bei Bonn. Doch die Taliban fehlten. Die USA hatten ein “Gesprächsverbot” verhängt – ein “zentraler Fehler”, sagt Fabienne Hara vom Paris Peace Forum.

Die Doku macht auch klar, dass der Zweite Weltkrieg in Europa eine Ausnahme war und nicht die Regel. Bedingungslose Kapitulationen, wie Nazi-Deutschland sie im Mai 1945 erklärte, ereignen sich selten – was bedeutet, dass alle Seiten Bedingungen akzeptieren müssen.

So kommt eine ganze Menge zeithistorisch abgeleiteter und – anhand von Misserfolgen oder Erfolgen – begründeter Anregungen zusammen. 2019 etwa habe der Beschluss des US-Präsidenten Donald Trump in seiner ersten Amtszeit, den Afghanistan-Konflikt durch Verhandlungen mit den Taliban wiederum in Camp David zu lösen, langfristigere Friedensprozesse “gekillt”. Das Doha-Abkommen mit den Taliban sei das “schlechteste Abkommen, das die USA jemals abgeschlossen haben”, so Sergio Jaramilo.

Die Taliban hätten schon vorab gewusst, dass sie ihre Ziele ohne Zugeständnisse erreichen konnten – ähnlich, wie es Trumps bislang fruchtlosen aktuellen Bemühungen, mit Russland Frieden oder einen Waffenstillstand in der Ukraine zu erreichen, vorgeworfen wird. Hier dockt der Film sehr gelungen unmittelbar an laufende Ereignisse an.