Von Christiane Kürschner
An einem kalten Nachmittag sitzen 13 Vietnamesen mit ihrem Prediger Joshua Hue Nhat Nguyen und Albrecht Schmidt um einen großen Tisch in der Christus-Gemeinde Berlin. Bei einem warmen Getränk und ein paar Leckereien feiern die Christen ihren Gottesdienst – ohne Talar, ohne Ritual und Altar. Gemeinsam lesen sie in der Bibel und diskutieren jeden Sonntagnachmittag eine andere Textpassage. Für die Vietnamesen bedeutet der Glauben ein Stück Freiheit fernab der Heimat.Thach kam vor mehr als 25 Jahren als Facharbeiterin nach Ost-Deutschland. Wie alle Gemeindeglieder hatte die adrett gekleidete Frau keinen christlichen Glauben, bevor sie nach Deutschland kam. Thach war Kulturbuddhistin. In Vietnam sind viele traditionell buddhistisch, ähnlich wie Menschen in Europa, die nur am Heiligabend in die Kirche gehen. „Gott machte den Menschen, ohne ihn würde es die Menschen und die Welt nicht geben“, antwortet Thach auf die Frage, warum sie begann, an Gott zu glauben. Die 66-Jährige mag vor allem die Verheißungen über das Paradies. Dort gebe es keine Angst, keine Sorgen, nur Freude und Gutes, meint sie.
Missachtung der Menschenrechte
Alle Gemeindeglieder sind aus ganz persönlichen Gründen hier und haben schmerzliche Erfahrungen in der Heimat gemacht. Wer in Vietnam das System in Frage stellt, hat verloren. Aber auch wer sich dem Staat beugt, lebt nach einer Einschätzung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in einem Land, in dem es um Freiheit und Demokratie äußerst schlecht bestellt ist.