Wie kann das Bundesverfassungsgericht davor bewahrt werden, möglicherweise entmachtet zu werden – wie es etwa in Polen passiert ist? Verschiedene Fraktionen haben sich zum Schutz des Gerichts auf eine Reform verständigt.
Das Bundesjustizministerium sowie die Fraktionen von Union, SPD, Grünen und FDP haben sich auf eine Reform für einen besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts verständigt. Es solle damit vor einer möglichen politisch motivierten Entmachtung bewahrt werden, erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Dienstag in Berlin. Wichtige Regelungen für die Arbeitsfähigkeit des Gerichts sollen demnach im Grundgesetz verankert werden. Zudem solle dessen Unabhängigkeit abgesichert werden.
Derzeit ist eine einfache Mehrheit im Bundestag ausreichend, um mit Blick auf die Arbeitsfähigkeit des Gerichts Änderungen herbeizuführen. Im Grundgesetz verankert wäre eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag notwendig. Über eine Stärkung der Position des Bundesverfassungsgerichts wird unter Juristen schon lange diskutiert. Die Arbeitsgruppe hat sich aber erst unter dem Druck der in Umfragen erstarkten AfD sowie des BSW gebildet.
Konkret geht es nun unter anderem darum, dass zwei Senate mit jeweils acht Richtern festgeschrieben werden. Außerdem soll die Reform die Verankerung der Dauer der Amtszeit von zwölf Jahren, den Ausschluss der Wiederwahl, die Altersgrenze von 68 Jahren sowie die allgemeine Bindungswirkung von Entscheidungen und Urteilen umfassen.
Zudem verständigten sich die Beteiligten auf die Möglichkeit eines Ersatzwahlmechanismus. Für diesen Fall soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass das Wahlrecht auch jeweils durch das andere Wahlorgan (Bundestag oder Bundesrat) ausgeübt werden kann. In das Grundgesetz soll dazu laut Entwurf eine Öffnungsklausel eingefügt werden.
Der Gesetzentwurf soll nach Angaben von Buschmann und der jeweiligen Fraktionsvertreter zeitnah in den Bundestag eingebracht werden. Der Bundesrat muss der Reform zustimmen, damit sie in Kraft treten kann.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte das Vorhaben. “Die Vorschläge zum stärkeren Schutz der Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts sind ein starker Ausdruck gemeinsamer Verantwortung für unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie”.
Neben dem täglichen entschiedenen Handeln der Sicherheitsbehörden gegen Extremisten und dem neuen Disziplinarrecht, mit dem Verfassungsfeinde schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden können, sei dies eine weitere wichtige Maßnahme zum Schutz der Demokratie, so die Ministerin. Wenn autoritäre Kräfte die Demokratie angriffen, sei die Justiz oft ihr erstes Ziel. Das habe sich in europäischen Nachbarstaaten gezeigt.
Auch die Vorsitzende der Justizministerkonferenz, Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD), lobte die Vorschläge. “Dass sich eine breite überparteiliche Allianz zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts formiert hat, ist ein klares Zeichen an alle Feinde unserer Demokratie”, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Ziel müsse es sein, gemeinsam einen starken Schutzwall um diesen Garanten des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats zu errichten. Sie gehe davon aus, dass die Länder nun zeitnah in den Einigungsprozess einbezogen würden.