Alle Fraktionen des niedersächsischen Landtags haben sich am Donnerstag dafür ausgesprochen, den Schutz jüdischen Lebens in die Landesverfassung aufzunehmen. Bei der ersten Beratung des Antrags von SPD, Grünen und CDU befürwortete auch die AfD-Fraktion die Gesetzesänderung. Den ersten Teil des Entwurfs, das Bekenntnis zur Europäischen Union im ersten Verfassungsartikel, lehnte sie jedoch ab.
Antisemitismus sei „keineswegs ein rein importiertes Problem“, sondern diene als „Bindeglied-Ideologie“, warnte Antonia Hillberg von der SPD-Fraktion. „Was das bedeutet, haben wir beispielsweise während der Corona-Pandemie gesehen, wo Verschwörungsideologien durch ihren jeweiligen antisemitischen Kern zu Bündnissen beispielsweise zwischen Esoterikern und der extremen Rechten geführt haben.“ Solches Denken zeige sich etwa dort, wo von „Globalisten“ die Rede sei.
Der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Calderone, betonte angesichts antisemitischer Einstellungen und Straftaten in Deutschland die Dringlichkeit, jüdisches Leben zu schützen. Wie das „Haus der Religionen“ in Hannover berichtet habe, sei es dort „faktisch nicht möglich, mit Schulklassen mit einer signifikanten muslimischen Minderheit oder Mehrheit über jüdisches Leben in der Gegenwart und jüdische Geschichte in der Vergangenheit zu sprechen“.
Beim Schutz jüdischen Lebens gehe es nicht nur um den Kampf gegen Diskriminierung einer Minderheit neben anderen, sagte Calderone. Es gehe um Selbstvergewisserung, denn das jüdisch-christliche Menschenbild gehöre zum Fundament des Staates. „Jüdisches und christliches Denken sind konstitutiv für das Selbstverständnis, die Grundlage, das Rechtssystem und die Freiheitlichkeit unseres Landes.“
Aus Sicht des parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen, Volker Bajus, trifft die AfD eine Mitschuld am erstarkten Antisemitismus. Die Zahl rechtsextremer Straftaten habe sich in den vergangenen vier Jahren fast verdoppelt, sagte Bajus. „Verschwörungstheorien, völkische Ideologien und antisemitische Narrative werden wieder ungeniert verbreitet. Übrigens auch hier im Haus. Und die AfD in Niedersachsen mischt dabei kräftig mit.“