85 Jahre nach den NS-Novemberpogromen hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor Ausgrenzung gewarnt. Andernfalls beginne “der Abstieg einer Gesellschaft in die Katastrophe der Indifferenz, der Intoleranz, der Inhumanität”, sagte Scholz laut Redemanuskript am Donnerstag bei der zentralen Gedenkveranstaltung in der Synagoge Beth Zion in Berlin. Dies habe der Theologe Martin Niemöller beschrieben.
“Ausgrenzung trifft Jüdinnen und Juden seit Jahrhunderten besonders”, sagte Scholz. “Immer noch und immer wieder auch hier in unserem demokratischen Deutschland”, und das nach dem von Deutschen begangenen Zivilisationsbruch der Schoah.
Das Versprechen nach 1945 laute “Nie wieder”, und darauf sei das demokratische Deutschland gegründet. “Dieses Versprechen müssen wir gerade jetzt einlösen”, betonte der Kanzler. Dazu gehöre, für den Schutz von jüdischen Einrichtungen und Gemeinden zu sorgen. Polizei und Justiz müssten geltendes Recht konsequent durchsetzen.
“Nichts, rein gar nichts – keine Herkunft, keine politische Überzeugung, kein kultureller Hintergrund, kein angeblich postkolonialer Blick auf die Geschichte – kann als Begründung herhalten, die Ermordung, das grausame Abschlachten Unschuldiger zu feiern”, bekräftigte Scholz mit Blick auf den Terrorangriff der Hamas auf Israel vor einem Monat. Wer Terrorismus unterstütze, wer antisemitisch hetze, werde strafrechtlich verfolgt. “Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht regeln wir ganz klar, dass Antisemitismus einer Einbürgerung entgegensteht.”
Im Einwanderungsland Deutschland müssten auch die erreicht werden, in deren Herkunftsländern über den Holocaust nicht oder vollkommen anders gesprochen werde, erklärte Scholz. “Und zugleich dürfen wir denen nicht auf den Leim gehen, die jetzt ihre Chance wittern, über fünf Millionen muslimische Bürgerinnen und Bürgern pauschal den Platz in unserer Gesellschaft abzusprechen.”
Den Hamas-Angriff nannte Scholz eine “schreckliche Zäsur”. Deutschlands Platz sei an der Seite Israels. Und: “Unsere Gedanken sind bei denen, die weiter um Kinder, Eltern, Geschwister, Ehepartner, um ihre Liebsten bangen, die als Geiseln in der Gewalt der Terroristen sind.”