Sie war die “Buhlschaft” im Salzburger “Jedermann” und verkörperte den “Weibsteufel”. Im Wiener Burgtheater steht Birgit Minichmayr nun im “Heldenplatz” auf der Bühne. Ein Stück aktuell wie nie.
Birgit Minichmayr (46), österreichischer Schauspiel-Star, findet die Aktualität von Thomas Bernhards (1931-1989) Theaterstück “Heldenplatz” nach eigenem Bekunden erschreckend. “Man hat nicht das Gefühl, dass es über 35 Jahre her ist, dass Bernhard ‘Heldenplatz’ geschrieben hat”, sagte sie der “Süddeutschen Zeitung” (Freitag). So heiße es im Text “Mehr Nazis als 1938”. “Wir haben einen gelebten Rassismus”, erklärte Minichmayr. Faschisten drängten immer mehr ins politische Geschehen.
Am Samstag hat im Wiener Burgtheater das Stück “Heldenplatz” Premiere in der Inszenierung von Frank Castorf. Auch Minichmayr spielt mit.
Die jüngsten Demonstrationen in Deutschland für Demokratie sieht die Schauspielerin positiv: “Die Deportationspläne haben die AfD endgültig als Wolf im Schafspelz identifiziert. Ich habe das Gefühl, die Leute sind anders wach geworden durch das, was in dieser ominösen Villa stattgefunden hat.” Die Demonstrationen führten ihrer Ansicht nach zu grundsätzlicheren Debatten und hätten ein verbindendes Element.
Der Verdrängungsmechanismus hinsichtlich der Nazi-Zeit funktioniere in Österreich schon sehr gut, sagte Minichmayr. Das habe einst das Beispiel Kurt Waldheim (1918-2007) gezeigt. Dieser hatte bei seiner Ernennung zum Bundespräsidenten 1986 verleugnet, während des Zweiten Weltkriegs bei der Reiterstandarte gewesen zu sein. “Der damalige Bundeskanzler Fred Sinowatz witzelte, nicht Waldheim, sondern nur sein Pferd sei bei der SA gewesen”, sagte die Künstlerin angesichts der Auseinandersetzung. Empörung sei auch Bernhard entgegengeschlagen, wenn seine Figur Robert Schuster in “Heldenplatz” sage, dass in Wien und überhaupt in Österreich die Verlogenheit zu Hause sei.
Dieser Schuster krakele ab dem zweiten Akt 100 Seiten lang, sagte Minichmayr. Es werde behauptet, er resigniere, aber eigentlich rege er sich die ganze Zeit über alles auf. Sie selbst sehe sich als eine Mischung aus beidem: “Ich kann mich aufregen und mich resigniert fragen, wohin alles geht. Die Situation in der Ukraine und im Nahen Osten. Die Zahl der Autokratien weltweit nimmt zu. Warum etwa soll es in diesem Jahrhundert nicht auch einen Weltkrieg geben? In nicht stabilen Momenten kriegt man schon Horrorfantasien.”