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Salman Rushdie erhält Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Ein weltweit prominenter und gefährdeter Schriftsteller erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: Salman Rushdie. Erst im vergangenen Sommer ist er knapp dem Tod entronnen.

Bei einem Anschlag im August 2022 ist Salman Rushdie am Auge verletzt worden
Bei einem Anschlag im August 2022 ist Salman Rushdie am Auge verletzt wordenImago / UPI Photo

Der britisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie (76) erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2023. „In seinen Romanen und Sachbüchern verbindet er erzählerische Weitsicht mit stetiger literarischer Innovation, Humor und Weisheit“, begründete der Stiftungsrat des Friedenspreises am Montag in Frankfurt am Main die Wahl. „Dabei beschreibt er die Wucht, mit der Gewaltregime ganze Gesellschaften zerstören, aber auch die Unzerstörbarkeit des Widerstandsgeistes Einzelner.“ Für Letzteres ist Rushdie selbst ein Beispiel.

Nachdem der iranische Revolutionführer, Ayatollah Ruhollah Khomeini, nach Veröffentlichung von Rushdies Roman „Die Satanischen Verse“ 1989 einen Tötungsaufruf gegen den Schriftsteller erlassen hatte, musste der Schriftsteller jahrzehntelang unter Polizeischutz im Untergrund leben. Der Stiftungsrat hob hervor, dass Rushdie sich trotzdem nachdrücklich an Debatten über Zensur, Meinungsfreiheit und religiös motivierte Gewalt beteiligte. Daneben setze er sich in seinem Schaffen für die friedliche Koexistenz von Kulturen ein. Im August 2022 wurde Rushdie kurz vor Veröffentlichung seines jüngsten Romans „Victory City“ in den USA bei einem Anschlag lebensgefährlich verletzt. Seitdem ist er auf dem rechten Auge blind.

In ständiger Gefahr

Obwohl Rushdie in ständiger Gefahr lebe, „ist er nach wie vor einer der leidenschaftlichsten Verfechter der Freiheit des Denkens und der Sprache“, lobte der Stiftungsrat. „Wir ehren Salman Rushdie für seine Unbeugsamkeit, seine Lebensbejahung und dafür, dass er mit seiner Erzählfreude die Welt bereichert.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte dem Schriftsteller. Rushdies Haltung, die Freiheit des Schreibens und Sprechens niemals preiszugeben, sei vor dem Hintergrund seiner persönlichen Geschichte „eine so mutige wie bewundernswerte, von innerer Unbeugsamkeit getragene Haltung, der ich meinen großen Respekt zolle“, schrieb Steinmeier. „Ihr ganzes Werk stemmt sich gegen die Ideologien und schrecklichen Vereinfachungen, verteidigt die wunderbare Komplexität der Welt und die enorme Kraft des Erzählens“, lobte der Bundespräsident.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) erklärte, die Jury habe eine ausgezeichnete Wahl getroffen. „Wie kaum ein anderer steht Salman Rushdie für den mutigen und unerschütterlichen Einsatz für die Freiheit des Wortes und das seit mittlerweile vielen Jahrzehnten“, sagte Roth.

Bedrückende Dimension

Salman Ahmed Rushdie wurde am 19. Juni 1947 im indischen Bombay (heute Mumbai) geboren und besitzt inzwischen die US-Staatsbürgerschaft. International bekannt wurde er mit dem 1981 erschienenen Roman „Mitternachtskinder“ vor dem Hintergrund der Unabhängigkeitserklärung Indiens 1947 und dem Trauma der gewaltsamen Spaltung zwischen dem mehrheitlich hinduistischen Indien und dem islamischen Pakistan. Die Veröffentlichung von „Victory City“ Anfang 2023, einer matriarchalischen Utopie, die Themen wie Machtmissbrauch und Liebe behandele und vom Aufstieg und Fall einer wundersamen Stadt berichte, erhielt nach den Worten des Stiftungsrates angesichts des Attentats eine zusätzliche, in die heutige Realität weisende bedrückende Dimension.

Rushdie gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Schriftsteller englischer Sprache. Seine Romane wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Sie handeln nach den Worten des Stiftungsrates von Verbindungen, Migration und Brüchen zwischen östlichen und westlichen Zivilisationen und sind oft auf dem indischen Subkontinent angesiedelt. Rushdie schreibt neben Romanen auch Kurzgeschichten, Reiseberichte, Essays und journalistische Beiträge.

Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert. Die Auszeichnung wird traditionell am letzten Tag der Frankfurter Buchmesse (22. Oktober) in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Im vergangenen Jahr wurde der ukrainische Schriftsteller, Übersetzer und Musiker Serhij Zhadan geehrt.