Bei der Ausbildung von Pfarrpersonal in der Pfälzer Kirche sollte nach Ansicht des Kirchenhistorikers Ulrich A. Wien die regionale Kirchengeschichte unterrichtet und geprüft werden. Eine Regelung wie in der Nachbarkirche im Rheinland sei wünschenswert, sagte der Vorsitzende des Vereins für pfälzische Kirchengeschichte dem Evangelischen Pressedienst (epd). Rund die Hälfte der Vikarinnen und Vikare stamme nicht aus der Pfalz. Diese müssten aber später verstehen, „wie die Menschen in ihren Kirchengemeinden ticken.“ Für die Schulungen im Landauer Predigerseminar biete der Kirchengeschichtsverein seine Mitarbeit an.
Der mehr als 500 Mitglieder zählende pfälzische Kirchengeschichtsverein mit Sitz in Landau feiert sein 100-jähriges Bestehen am 6. März um 10 Uhr in der Neustadter Stiftskirche mit einem Festgottesdienst, bei dem die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst die Predigt hält, sowie einem Festakt. Die Beschäftigung mit ihrer Geschichte könne der evangelischen Kirche neue Impulse für ihre Arbeit geben, erklärte Wien. Der Rückblick auf die Vergangenheit sei „eine Kraftquelle für Zukunftsfragen des Glaubens und der Kirche“.
In der Geschichte der Kirche habe es viele Reformen und Aufbrüche, aber auch „Irr- und Holzwege“ gegeben. Dieses Wissen sollten sich Kirchenleitungen und Kirchengemeinden für die Bewältigung großer Herausforderungen wie schwindende Mitgliederzahlen und Ressourcen, Pfarrermangel sowie gesellschaftlichem Bedeutungslust nutzbar machen. Leider werde das „Potenzial guter Ideen“ kaum genutzt, bemängelte Wien.
In der evangelischen Kirche gebe es den Trend, sich vor allem zu Jubiläen mit ihrer eigenen Geschichte zu beschäftigen, etwa dem 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017. Kirchenhistoriker würden dann häufig aufgefordert, kurzfristig Beiträge zu liefern, kritisierte Wien. „Man sollte aber nicht nur Events anpeilen, sondern eine seriöse Grundlagenforschung fördern.“
Neue Fragestellungen für den Pfälzer Kirchengeschichtsverein seien etwa die Rolle der Frauen in der Kirche, die weltweite Ökumene mit anderen Kirchen oder auch die Bewahrung von Religionsfreiheit in einem zunehmend religions- und kirchenkritischen Umfeld. Initiiert vom Landauer Pfarrer Adolf Risch und Oberkirchenrat Eugen Mayer wurde der Verein am 5. März 1925 in Neustadt an der Weinstraße gegründet. Im selben Jahr erschien das erste Heft der bis heute als Jahrbuch herausgegebenen „Blätter für pfälzische Kirchengeschichte“.