Am Sonntag, dem 20. Jahrestag der Ermordung des Kurden Mehmet Turgut durch die rechtsextreme Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) in Rostock, bezeichnete der Schweriner Innenminister Christian Pegel (SPD) die Morde des NSU als „ein dunkles Kapitel in der Bundesrepublik“. Die Morde seien auch „eine Mahnung für uns als Gesellschaft insgesamt und insbesondere unsere Sicherheitsbehörden“, sagte er anlässlich einer Gedenkveranstaltung in Rostock, wie das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern mitteilte. Pegel nahm an der Gedenkveranstaltung am Sonntag teil.
„Dass eine rechtsterroristische Gruppe jahrelang unbeobachtet morden konnte, macht uns allen bewusst, dass Rechtsterrorismus die größte Gefahr für unser gesellschaftliches Leben ist“, erklärte der Innenminister. „Dieser Fall hat vor allem für unsere Sicherheitsbehörden eine Aufarbeitung gefordert – und diese ist noch immer in vollem Gange.“ Jeden Tag kämpften Polizei und Verfassungsschutz gegen extremistische Bestrebungen und schützten die freiheitliche-demokratische Grundordnung, „um das durch die damaligen Ermittlungsfehler teilweise verloren gegangene Vertrauen wieder zurückzugewinnen und neu zu stärken“.
Die Landesregierung habe durch Reformen und strukturelle Veränderungen in den Sicherheitsbehörden Konsequenzen gezogen, so Pegel. Zudem habe die Landesregierung an der Selbstverpflichtung der Koalitionsfraktionen mitgewirkt, den Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtages zur Aufklärung der NSU-Aktivitäten fortzusetzen und das Untersuchungsfeld um andere rechte Netzwerke zu erweitern.
„Ich teile die Sorge über die Entwicklungen in der extremen Rechten sowie über die Zunahme rechtsterroristischer Planungen, Aktivitäten und Zusammenschlüsse in den vergangenen Jahren. Wir müssen diese umfassend aufklären, um Gefahren für ein demokratisches und friedliches Zusammenleben einzudämmen“, sagte der Minister.
Mecklenburg-Vorpommerns Integrationsbeauftragte Jana Michael sagte laut Mitteilung des Sozialministeriums: Auch 20 Jahre nach der Ermordung Turguts „müssen wir uns in der Gesellschaft mit Rassismus und Rechtsradikalismus auseinandersetzen. Das ist die Realität.“ Die Umstände des Todes von Mehmet Turgut führten bis heute „zu einem unermesslichen Schmerz für seine Familie“. Um eine Aufarbeitung zu ermöglichen, sei entscheidend, dass der Staat mit seinen Organen, Politikerinnen und Politiker und die Zivilgesellschaft anerkennen, dass Rassismus in Deutschland noch immer ein Thema sei. „Erst, wenn wir dieses Problem beim Namen nennen, kann es uns gelingen, als eine wehrhafte Demokratie entschlossen dagegen zu handeln“, sagte Michael.
Der Kurde Mehmet Turgut war im Alter von 24 Jahren am 25. Februar 2004 im Neudierkower Weg in Rostock-Toitenwinkel durch mehrere Schüsse getötet worden, als er als Aushilfe an einem Döner-Imbiss arbeitete. Dies war der fünfte von zehn Mordanschlägen, die dem NSU zugerechnet werden.
Zum Gedenken an die Ermordung Turguts vor 20 Jahren gab es in Rostock bereits mehrere Veranstaltungen, darunter am Sonnabend (24. Februar) eine Demonstration unter dem Motto „In Gedenken an Mehmet Turgut – Antifaschismus und Antirassismus organisieren“, an der laut Polizei rund 400 Menschen teilnahmen.
Am Donnerstag (29. Januar) werden nach Angaben der Stadtverwaltung Markus Mohr und Daniel Roth ihre jüngste Veröffentlichung „Stärkere Strahlkraft. Wahrheit und Lüge in den polizeilichen Ermittlungen im NSU-Komplex 2000-2011“ vorstellen. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Peter-Weiss-Haus (Doberaner Straße 21).