Die Bundesregierung verfehlt ihre Ziele bei der Aufnahme bedrohter Afghanen deutlich. Angesichts des Sparkurses könnte das Programm auslaufen, obwohl noch Tausende auf Rettung warten. Reporter ohne Grenzen schlägt Alarm.
Die Journalismus-Organisation Reporter ohne Grenzen wirft der Bundesregierung vor, afghanische Journalisten im Stich zu lassen. In einem am Montag veröffentlichten Bericht unter dem Titel “Nach uns die Sintflut: Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan (BAP) vor dem Kollaps” zieht die Organisation eine ernüchterte Bilanz kurz vor dem dritten Jahrestag der Machtübernahme der Taliban am Donnerstag. Zugleich warnt sie vor einem Ende des Programms wegen des Sparkurses. Eigentlich habe die Bundesregierung seit dem Start im Herbst 2022 rund 1.000 Menschen pro Monat aufnehmen wollen. Das wären bis heute mehr als 20.000. Eingereist sind aber bisher nur insgesamt 600, wie das Bundesinnenministerium der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigte.
Bis heute habe man knapp 3.100 Menschen die Einreise zugesagt, so ein Ministeriumssprecher. Um nach Deutschland zu gelangen, müssen alle Kandidaten aber zunächst die Ausreise nach Pakistan schaffen. Man habe keinen Einfluss darauf, ob die aufzunehmenden Personen die Voraussetzungen dafür erfüllen, so der Sprecher weiter. Die Gesamtzahl der aufgenommenen Afghanen liege bei rund 34.300, die in der Mehrzahl aber über andere Verfahren ins Land kamen.
Auch Dutzende Medienschaffende warten laut Reporter ohne Grenzen noch auf Ausreise. Man habe 62 Fälle von gefährdeten Journalistinnen und Journalisten beim Aufnahmeprogramm eingereicht, nur 29 davon seien bislang durch die Behörden kontaktiert worden. Sicher in Deutschland angekommen seien nur sechs.
Angesichts der angespannten Haushaltslage sind für 2025 keine expliziten Mittel mehr für das BAP vorgesehen. Das sei das Ergebnis der “mit Blick auf die Haushaltskonsolidierung notwendigen Prioritätensetzung”, so der Sprecher des Innenministeriums. Regierungsintern berate man gerade über die Zukunft des Programms. Reporter ohne Grenzen sagte der KNA, dass die Auswahlrunden für gefährdete Personen mit Blick auf den Haushalt vorerst gestoppt worden seien.
Mit Blick auf die unsichere Lage in Afghanistan unter dem Regime der Taliban, gerade für Medienschaffende, fordert Reporter ohne Grenzen, dass die Fälle und die Visumsanträge schneller bearbeitet und das Personal für die Sicherheitsüberprüfung der Kandidaten in Pakistan aufgestockt werden solle. Außerdem müsse die Bundesregierung eine Exit-Strategie entwickeln.