Während diese Zeilen geschrieben werden, herrscht weitgehend Waffenruhe in Syrien. Keiner kann sagen, wie lange sie halten wird. Aber immerhin: Im Moment gibt es sie. Und das ist ein Erfolg von Verhandlungen.
Man sehnt sich ja geradezu nach einem Zeichen der Hoffnung in der Welt. Alles ist so kompliziert geworden. So unübersichtlich.
Europa steht auf der Kippe. Die Flüchtlingsfrage spaltet die Gesellschaft, auch und gerade in Deutschland. Politiker erscheinen als aufgeregter Hühnerhaufen. Selbst innerhalb der Parteigrenzen gehen die Leute aufeinander los. Syrien-Krieg und Ukraine-Konflikt sind immer verworrener und hoffnungsloser.
Und so vielschichtig die Ursachen und Hintergründe für all das sein mögen – die Dinge hängen zusammen.
Flüchtlinge kommen, weil Kriege und Armut sie aus ihrer Heimat treiben. Kriege und Armut haben ihre Ursache in früheren weltpolitischen Entwicklungen und Entscheidungen: Kolonialismus führte in Afrika zu Ausbeutung, Unselbstständigkeit und Destabilisierung. In Nahost waren es Fremdbestimmung und Gebietsaufteilung durch die Siegermächte nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Eine besondere Rolle spielte dabei der Ost-West-Konflikt 1947 bis 1989 („Kalter Krieg“) mit seinen Stellvertreterkriegen in der ganzen Welt.
Inzwischen reden viele von einem Wiederaufleben des Kalten Krieges. Der russische Ministerpräsident Dimitri Medwedew sprach kürzlich auf der Münchner Sicherheitskonferenz ganz offen davon. Man mag das für überzogen halten: Die Welt hat sich seit 1989 immerhin stark verändert; China ist als Akteur der Weltpolitik viel stärker geworden. Islamismus und Dschihadismus sind dazugekommen.
Trotzdem spricht vieles dafür, dass sich ein alter Konflikt zurückgemeldet hat: der zwischen den USA und Russland. Und er beeinflusst die Lage in der Welt, in Europa und auch in Deutschland.
Dabei ist es schwer festzustellen, welche Seite an welcher Stelle „Recht“ oder „Unrecht“ hat. Das Interesse an gelenkter Information und wohl auch Desinformation ist in beiden Lagern gewaltig. Am Beispiel von Ukraine und Syrien ist das deutlich zu sehen.
Fakt ist: Ohne Russland geht es momentan nicht. Das ist ein Punkt, den die USA und die westliche Welt nicht unterschätzen sollten. Die Neigung, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion das übrig gebliebene Russland als zu vernachlässigen abzutun, hat sich schon jetzt bitter gerächt.
Wer etwas an den gegenwärtigen Krisen und Kriegen ändern will, wird um ein stärkeres Einbinden Russlands nicht herumkommen. Drohungen, Sanktionen, Embargos helfen nicht weiter. Das haben die vergangenen Jahre gezeigt. Nur eines könnte helfen: einander ernst nehmen. Miteinander reden.
Russland, Putin: Da wird man so manche Kröte schlucken müssen. Trotzdem: Das Gespräch ist die beste Möglichkeit, Konflikte zu lösen. Und momentan möglicherweise die einzige, die noch einen Funken Hoffnung bietet.
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Reden mit Russland
Krisen, Kriege, Flüchtlingskonflikt: Wer da etwas verbessern will, darf Russland nicht länger abkanzeln. So schwer das fallen mag – eine andere Hoffnung ist nicht in Sicht