Für die drohenden Transporte von 152 Castoren mit radioaktivem Material vom Atommüll-Zwischenlager in Jülich ins Brennelemente-Zwischenlager in Ahaus gibt es laut der Anti-Atomkraft-Initiative „Ausgestrahlt“ eine Alternative. Die im Jahr 2014 vom Land NRW verfügte Räumung des Jülicher Zwischenlagers könne widerrufen und eine „befristete Duldungsverfügung“ bis zum Bau eines neuen Zwischenlagers erteilt werden, sagte der Verwaltungsrechtler, Ulrich Wollenteit, am Dienstag in Hamburg. Der Jurist hatte im Auftrag der Initiative ein Kurzgutachten zu dem Thema erstellt.
Der Verbleib der Castorbehälter im derzeitigen Zwischenlager bis zur Realisierung eines neuen Lagers in Jülich und der Verzicht auf die Castor-Transporte per Lkw durch NRW stelle aus heutiger Sicht „das mildere Mittel für die Allgemeinheit“ dar, betonte Wollenteit. Die Allgemeinheit werde durch den Verzicht auf die 152 Castortransporte und die damit verbundenen Risiken erheblich entlastet.
2014 hatte das zuständige NRW-Wirtschaftsministerium die Räumung des Jülicher Zwischenlagers wegen fehlender Nachweise zur Erdbebensicherheit angeordnet. Doch weil diese inzwischen nachgewiesen sei, ist laut dem Rechtsgutachten eine neue befristete Genehmigung möglich. „Das heute vorgelegte Rechtsgutachten zeigt klar, dass die NRW-Atomaufsicht ihre Prioritäten falsch gesetzt und Lösungen bewusst ignoriert hat“, betonte Helge Bauer von „Ausgestrahlt“.
„Dieses Vorgehen scheint unvereinbar mit der Behauptung der NRW-Landesregierung, ihr Ziel sei es, die Castor-Transporte zu verhindern, so wie sie es auch in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben hat“, sagte Bauer. Das Risiko und der Aufwand von Lkw-Transporten der Castoren durch dicht besiedelte Regionen wie das Ruhrgebiet stellten eine zu große Gefahr für die Bevölkerung dar und seien zudem mit einem hohen logistischen Aufwand verbunden. Da pro Transport nur jeweils ein Lkw mit einem Castor fahren können, müssten insgesamt 152 einzelne Fahrten geplant werden. Es drohe eine „Castor-Lawine“, die sich über einen längeren Zeitraum hinziehen würde.
Laut Bauer kommt der Räumungsverfügung für das bestehende Zwischenlager in Jülich eine zentrale Rolle im aktuellen Verfahren zu. „Sie allein hält den Zeitdruck zur Änderung der aktuellen Aufbewahrungssituation in Jülich aufrecht und ist so das KO-Kriterium für einen wirklich offenen und fachlichen Optionenvergleich.“ Der Grund für die Ausstellung der Räumungsverfügung sei „längst hinfällig“. Denn eine Bodenverflüssigung im Untergrund der Atommüll-Lagerhalle habe im laufenden Verfahren zum Wiedererlangen einer Genehmigung für das bestehende Lager in Jülich ausgeschlossen werden können. Deshalb könne nun eine neue Genehmigung für den Betrieb des Zwischenlagers „in einem überschaubaren Zeitraum“ erfolgen.