Bis 2030 soll es nach dem Willen der EU keine Verschmutzung ihrer Meeresgebiete durch Schiffe mehr geben. Dafür stellt sie Millionenbeträge bereit. Ein Prüfbericht fällt ernüchternd aus.
Die Meeresgewässer der EU werden trotz strenger Vorschriften weiterhin durch Schiffe verschmutzt. Schuld sei ein zu laxer Umgang mit Umweltsünden in den 22 Küstenanrainern, urteilte der Europäische Rechnungshof in Luxemburg in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Die Überwachung und die Ermittlung von Verursachern gestalteten sich zwar generell schwierig; Kontrollen seien aber vielfach unzureichend und Sanktionen zu mild. Die EU strebt an, die Verschmutzung ihrer Meeresgewässer bis 2030 auf null zu reduzieren.
Die Maßnahmen zum Meeresschutz würden den Ansprüchen nicht gerecht, so der Rechnungshof, der die sachgemäße Verwendung von EU-Geldern prüft. Im Zeitraum 2014-2023 gab die EU für Projekte zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung durch Schiffe über 216 Millionen Euro aus.
Nach Auffassung der Prüfer erhielten die Mitgliedstaaten durch die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs zwar brauchbare Instrumente, um gegen die Verschmutzung durch Schiffe vorzugehen; dieses Potenzial werde jedoch nicht ausgeschöpft. Umsetzung und Durchsetzung einschlägiger EU-Vorschriften, die teils schärfer seien als internationales Recht, blieben nach wie vor mangelhaft.
So konnten weder die EU-Kommission in Brüssel noch die von den Prüfern besuchten Mitgliedstaaten genau angeben, welche EU-Mittel zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung verwendet wurden. Sie hatten weder einen Überblick über erzielte Ergebnisse noch darüber, wie sie in größerem Maßstab reproduziert werden könnten. Wie viel Öl, Schadstoffe und Abfälle tatsächlich von Schiffen ins Meer gelangten, sei weitgehend unbekannt.
Als ein Beispiel für Ressourcen ohne Wirkung nennt der Rechnungshof den europäischen Satelliten-Überwachungsdienst “CleanSeaNet” für Ölverschmutzungen. Laut dem Bericht reagierten die EU-Staaten auf weniger als die Hälfte der Warnmeldungen; nur in 7 Prozent der Fälle bestätigten sie eine Verschmutzung, unter anderem weil zu viel Zeit zwischen der Satellitenaufnahme und einer Kontrolle vor Ort verstrich.
Auch seien Schiffe nicht oft genug vorbeugend inspiziert worden, bemängelten die Prüfer. Weiter wiesen sie auf rechtliche Lücken hin: Zahlen belegten, dass europäische Schiffe vor dem Abwracken in einem Nicht-EU-Land registriert würden, um Recyclingpflichten zu umgehen.
Die Europäische Umweltagentur stufte in einem Bericht 2019 insgesamt 80 Prozent der EU-Meeresgewässer als schadstofftechnisch problematisch ein, darunter weite Gebiete der Nord- und Ostsee. Rund 75 Prozent sind zudem durch Abfälle verunreinigt. Verschmutzungen durch Schiffe erfolgen etwa durch unbeabsichtigtes Auslaufen von Ölen, Einleitung von Abwasser, Austritt giftiger Verbindungen aus Anstrichen, durch Rückstände aus Abgaswäschern oder die Freisetzung schädlicher Stoffe beim Abwracken.