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Rassismus in Behörden

Pilotstudien verweisen auf Folgen von Stereotypen und Unsicherheiten

Vorurteile gegen «Ausländer» haben viele. Stereotype Einordnungen sind häufig. Doch was für Folgen hat Rassismus auf dem Amt? Eine IAQ-Untersuchung veranschaulicht, dass so manche Befugnis oder fehlendes Monitoring Rassismus in Behörden begünstigen.

Duisburg (epd). Auch in deutschen Behörden finden sich rassistische Vorstellungen. Stigmatisierungen, Stereotype sowie Handlungsunsicherheiten bei Polizei oder Arbeitsverwaltung hätten zum Teil gravierende Auswirkungen für Migranten bei Jobvermittlung, Gesundheitsversorgung und Kontrollen, lautet das Fazit eines Reports des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg Essen, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Der Bericht fasst drei Kurzstudien von IAQ-Forscherinnen für das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung zusammen, für die sie in verschiedenen Bundesländern qualitative Interviews mit
Führungskräften in der Polizei, mit Jobcenter-Mitarbeitern und von lokalen Gesundheitsbehörden führten.

   Rassistische Wissensbestände stellten in deutschen Behörden keine Ausnahme dar, lautet ein Befund. «Sie sind strukturell eingebettet und werden institutionell (re-)produziert», schreiben Alexandra Graevskaia, Katrin Menke und Andrea Rumpel. Diese Produktion und Reproduktion von «rassistischem Wissen» würden durch
Handlungsunsicherheiten von Behörden begünstigt. Für Betroffene mit Migrations- oder Fluchtgeschichte oder bestimmten Merkmalen wie «nicht westlicher Kleidung» führten die Zuordnungen in bestimmte Gruppenkategorien unter Umständen zu Ein- und Ausschlüssen von sozialstaatlichen Leistungen und Stigmatisierungen. Behörden müssten ihre Routinen kritischer hinterfragen, ihren Mitarbeitern systematische Monitorings und rassismuskritische Schulungen anbieten, forderten die Autorinnen des Reports.

   Bei ihrer Untersuchung zu «Migration und Polizei» stellte Graevskaia beispielsweise fest, dass Polizisten die Bevölkerung in ihrem Zuständigkeitsbereich entlang von Kategorien wie Religion, Kultur oder Nationalität klassifizierten. Mittels Aneignung von Wissen über diese selbst konstruierten Gruppierungen wie «Muslime»
oder «Libanesen» im Revier versuchten sie, einen Vorteil für ihre Arbeit zu erlangen. Dabei würden durch Verallgemeinerungen und vermeintliches «Wissen» rassistische Wissensbestände oftmals erst produziert. Zudem bestehe bei der Polizei eine Überforderung im Umgang mit nicht-deutschsprachigen Hilfesuchenden, hieß es.
Dolmetscherdienste müssten Betroffene oftmals selbst organisieren.

   In der Kurzstudie zu Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen verweist Rumpel auf die Problematik, dass Sachbearbeiter von Sozialämtern als Nichtmediziner entscheidende Lotsenfunktionen in der Bewilligung oder Verweigerung von medizinischen Leistungen innehätten. Positioniert zwischen finanziellen Erwägungen einer Kommunalverwaltung und den individuellen Bedürfnissen eines Flüchtlings seien bei Sachbearbeitern kulturelle Zuschreibungen bei der Beurteilung von Einzelfällen anzutreffen. Zugeschriebene Verallgemeinerungen von Flüchtlings-Verhaltensweisen reichten von der Clan- und Bandenbildung, Drogenkriminalität, Gewalttätigkeit bis hin
zu einer spezifischen negativen Ausnutzung des deutschen Gesundheitssystems.

   Bei der Arbeitsverwaltung zeige sich, dass etwa in Jobcentern muslimische Flüchtlinge nach dem Modell eines männlichen Familienernährers vermittelt würden, ergab die Untersuchung von Menke. Frauen würden entweder nicht als potenzielle Erwerbstätige adressiert oder in niedrig entlohnte Zuverdienst-Tätigkeiten gelotst.