Ein Protestbrief der rheinland-pfälzischen Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD) beim SWR über kritische Einschätzungen des Korrespondenten Georg Link sorgt für Wirbel in Mainz. Der Vorgang werde der Landesrundfunkrat noch diese Woche bei seiner bevorstehenden Sitzung auf der Tagesordnung stehen, teilte der Sender am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit. Die Landespressekonferenz Rheinland-Pfalz sieht in dem Schreiben einen „Einschüchterungsversuch“.
Der Inhalt des bereits Anfang Mai verfassten Schreibens an SWR-Landessenderdirektorin Ulla Fiebig war erstmals Anfang November durch einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ öffentlich geworden. Raab hatte dem SWR-Redakteur in dem Brief, der auch dem epd vorliegt, „falsche Tatsachenbehauptungen“ vorgeworfen, mit denen die Zuschauer „in die Irre geführt“ würden. Die SPD-Politikerin amtiert auch als stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende des SWR – des Aufsichtsgremiums, das unter anderem den Intendanten wählt und den Haushaltsplan des Senders aufstellt.
Anlass für den Unmut waren Einschätzungen des Redakteurs über die in der Zwischenzeit erfolgte Wiederwahl des SPD-Landesvorsitzenden Roger Lewentz. Dieser war im Zuge der Aufarbeitung der Ahrtalflut als rheinland-pfälzischer Innenminister zurückgetreten. Link hatte dazu in einem Studiogespräch erklärt: „Es dürfte bundesweit wahrscheinlich einmalig sein, dass ein Landesinnenminister, der die politische Verantwortung für die vielen Toten dieser schrecklichen Ahrkatastrophe übernehmen muss, weiterhin Landesvorsitzender seiner Partei bleibt.“
Wäre es tatsächlich um Fehler in der Berichterstattung gegangen, hätte der Autor kurz nach dem Erscheinen des Beitrags darauf hingewiesen werden sollen, erklärte die Vorsitzende der rheinland-pfälzischen Landespressekonferenz, Karin Dauscher: „So aber greift die Staatskanzlei das Thema Wochen später auf, wendet sich direkt an die höchste Hierarchiestufe im Mainzer SWR und bringt noch den Programmausschuss ins Spiel. Das ist eine klare Machtdemonstration und Drohgebärde.“
Kritik an Raab kam auch aus den Reihen der Landtagsopposition. Der Vorsitzende der „Freie Wähler“-Landtagsfraktion, Joachim Streit, sprach von versuchter politischer Einflussnahme auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und warf Raab eine „Verletzung von Amtspflichten“ vor.
Der SWR teilte auf Nachfrage mit, das Programmkritik „auch von politischen Akteuren oder öffentlichen Stellen“ nicht ungewöhnlich sei. Landessenderdirektorin Fiebig habe den Fall geprüft, die Äußerungen bewegten sich „im Rahmen des Zulässigen“. Der anstehende Wechsel von Georg Link aus dem SWR-Hauptstadtbüro zurück nach Mainz stehe in keinem Zusammenhang mit dem Vorgang. Ab 2024 werde der Journalist wieder aus Mainz über Landespolitik berichten.
Nach Angaben der Mainzer Staatskanzlei hatte Raab den Brief, der mit ihrem Regierungs-Briefkopf versendet worden war, nicht im Auftrag der Landesregierung verfasst. Im Verwaltungsrat vertrete sie die „Interessen der Allgemeinheit“, diese Tätigkeit sei „ausdrücklich kein Regierungshandeln“. Zur Frage, wie oft die Landesregierung sich über Presseberichte beschwere, hieß es, nur in seltenen Fällen wende sich die Pressestelle der Staatskanzlei bei falschen Tatsachenbehauptungen, der Aufforderung zur Gegendarstellung oder Aufforderung zur Unterlassung an Führungskräfte in Medienbetrieben: „Sachlich begründete Kritik unterhalb einer förmlichen Programmbeschwerde nach einer bereits erfolgten Berichterstattung wird nicht statistisch erfasst.“