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Prima heißt „die erste“

Schon seit Wochen sind im Handel erste Frühlingsgrüße zu haben: Die Primel, ursprünglich in China, der Mongolei und dem Kaukasus beheimatet, kam über die Türkei zu uns

© epd-bild / Dieter Sell

Wer freut sich in diesen trüben Tagen nicht über ein bisschen Farbe? Kaum eine Pflanze steht so sehr für den Frühling wie die Kissenprimel (Primula vulgaris). Primula – der Name leitet sich vom lateinischen ab – und heißt wörtlich „die kleine Erste“. Und tatsächlich: Die bunt blühende Primel bringt uns eine allererste Ahnung des Frühlings. Noch vor Krokussen, Tulpen und Narzissen – aber ironischerweise inzwischen, zeitlich überdreht, in manchen Läden sogar schon vor Beginn des kalendarischen Winters am 21. Dezember.
Primeln blühen normalerweise von März bis Mai, einige Sorten sogar nochmals im Spätsommer. Ihre wilden Arten sind auf der gesamten Nordhalbkugel verbreitet. Mehr als die Hälfte ihrer rund 500 Unterarten stammen aus Asien: aus China, der Mongolei und dem Kaukasus. Über farbige Züchtungen kam sie über die osmanische Türkei seit dem 17. Jahrhundert auch als Zierpflanze zu uns.

Symbol der Hoffnung – wegen der frühen Blüte

Aufgrund ihrer frühen Blüte gilt die Primel traditionell als Symbol der Hoffnung, der Jugend und der Heilkraft des Frühlings. Durch ihren hohen Saponin-Gehalt haben die Wurzeln eine Wirkung, die von Medizinern spektakulär als „sekretolytisch und expektorierend“ beschrieben wird. Sie lösen also, einfacher gesagt – etwa als Tee bei Erkältungskrankheiten und Bronchitis – den Schleim und fördern den Auswurf. Die Blüte der Primel wird von Kräuterkundlern als Nervenmittel gegen Kopf- und Nervenschmerzen, Schwindel, Asthma und Gicht sowie zur Stärkung des Herzens genutzt.
Primelblüten haben fünf Kronblätter, die zu einer langen Röhre verwachsen sind. Tief am Boden der Blüte wird süßer Nektar produziert, der Insekten zur Bestäubung anlockt. Allerdings kommen am Ende doch nur Hummeln und Falter in Frage – weil nur sie mit ihren langen Rüsseln den Grund der Röhre erreichen können. Dabei wird der Blütenstaub auf den Stempel übertragen.
Besonders artenreich sind Primeln im Gebirge vertreten. Bemerkenswert ihre Anpassung an den Lebensraum: Während sie im Flachland stets gelb blühen, sind alpine Arten fast durchgängig rosa, rot, violett oder blau. Der Grund ist biologisch simpel, aber für Laien frappierend: Im Flachland übernehmen eher Bienen und Hummeln die Bestäubung, im Gebirge eher Falter. Die jeweilige Farbwahl wirkt auf sie besonders anziehend.
Primeln wachsen krautig und sind sommergrün. Normal werden sie bis zu 15 Zentimeter hoch. Durch die Züchtung auf große und bunte Blüten haben die meisten al-lerdings ihre sehr gute Winterhärte verloren. Nur in Staudengärtnereien findet man die viel robusteren kleinblütigen Gartenformen.
Nachdem Primeln verblüht sind, werden sie fälschlicherweise oft weggeschmissen. Verschwendung – denn zumindest die nicht stark überzüchteten Sorten sind sehr ausdauernd und mehrjährig; sie sind gut im Garten zu kultivieren. „Eingehen wie eine Primel“, sagt man zwar landläufig – doch das Gegenteil ist der Fall. Allerdings reagiert die Primel sehr empfindlich auf Trockenheit. Empfohlen wird daher, im Frühjahr mit Kompost um die Pflanzen herum zu mulchen.
In größere Gruppen gepflanzt, erzielen Primeln mit ihrer Farbpalette eine beeindruckende Fernwirkung im Frühlingsgarten. Zu empfehlen ist eine Kombination mit Weißblühern wie Christrosen, Schneeglöckchen oder Krokus. Teilt man die Pflanzen alle drei bis fünf Jahre, fördert man ihre Langlebigkeit. Und blickt man derzeit aus dem Fenster, ist allein das doch schon eine gute Nachricht.