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Politisches Berlin würdigt Verdienste von Margot Friedländer

Der Bundespräsident wollte der Holocaust-Überlebenden am Freitag die höchste Form des Bundesverdienstkreuzes überreichen. Dazu kam es nicht mehr. Steinmeier, Kanzler und Bundespolitiker kondolieren.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Verdienste der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer gewürdigt. “Sie hat unserem Land Versöhnung geschenkt – trotz allem, was die Deutschen ihr als jungem Menschen angetan hatten”, erklärte Steinmeier in einem Kondolenzschreiben am Freitagabend. “Für dieses Geschenk können wir nicht dankbar genug sein.” Nur kurze Zeit zuvor war der Tod von Friedländer (103) bekannt geworden.

Friedländer überlebte als einzige ihrer direkten Familie die Schoah. Nach mehr als sechs Jahrzehnten in New York kehrte sie im Alter von 88 Jahren in ihre Heimat Berlin zurück. Sie engagierte sich für Demokratie sowie gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung.

Nie habe sie angeklagt, so der Bundespräsident weiter. Margot Friedländer habe jeden, der ihr begegnete, mit ihrer Wärme, ihrer Zugewandtheit, ihrer ungeheuren Kraft beeindruckt, betonte Steinmeier. Ihre tiefe Menschlichkeit habe ihn im Innersten berührt. Steinmeier: “Margot Friedländers Vermächtnis ist uns Mahnung und Verpflichtung, gerade in einer Zeit, in der die Demokratie angefochten wird und sich Antisemitismus wieder unverhohlen zeigt, bleibt es unsere Verantwortung, die jüdische Gemeinschaft in unserem Land nie wieder im Stich zu lassen.”

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bezeichnete Friedländer auf X als eine “der stärksten Stimmen unserer Zeit”. Sie sei für ein friedliches Miteinander, gegen Antisemitismus und Vergessen eingetreten. Merz: “Sie hat uns ihre Geschichte anvertraut. Es ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht, sie weiterzutragen. Wir trauern mit ihrer Familie und Freunden.”

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner betonte, Friedländer habe ihre Erinnerungen als einen Auftrag für die Zukunft verstanden: “‘Seid Menschen!’ – mit dieser schlichten aber eindringlichen Botschaft verdichtete sich ihre Lebensweisheit, gewonnen im Angesicht von Unmenschlichkeit”, so Klöckner. Sie kündigte an zu Beginn der kommenden Sitzungswoche im Bundestag für die Abgeordneten ein Kondolenzbuch auslegen zu lassen. Damit wolle der Bundestag seinen Respekt und seine Dankbarkeit gegenüber Margot Friedländer bekunden.

Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) betonte, “sie war eine Stimme, die uns immer wieder ermahnt hat, was wirklich zählt: Menschlichkeit”. Gerade in Zeiten, in denen Hass und Hetze wieder stärker in die Gesellschaft einsickerten, sei ihre Erinnerung und ihre Stärke ein großes Geschenk für unser Land, sagte Klingbeil der “Rheinischen Post” (Samstag). “Trotz aller Grausamkeiten, die sie selbst erleben musste, hat sie so vielen Menschen Hoffnung geschenkt.”

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) würdigte Friedländer als “überragende Persönlichkeit und bis zuletzt eine unermüdliche Mahnerin gegen das Vergessen”. Ihre Stimme für Demokratie und gegen Antisemitismus und Ausgrenzung werde sehr fehlen.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hob vor allem Friedländers Engagement zur Aufklärung von Jugendlichen hervor. “Viele, gerade junge Menschen, die ihr begegnet sind, waren berührt von ihrer Warmherzigkeit und Güte und bewegt von ihrer Lebensgeschichte und ihrem Appell, nie wieder geschehen zu lassen, was sie erleben musste.” Die deutsche Gesellschaft habe der Verstorbenen viel zu verdanken. “Mit Margot Friedländer ist nicht nur eine wichtige Stimme einer Überlebenden des Holocaust für immer verstummt, sondern auch einer leidenschaftlichen Botschafterin für demokratische Werte.”

Ähnlich äußerte sich Weimars Amtsvorgängerin, die Grünen-Politikerin Claudia Roth. Auf Instagram betonte sie, Friedländers Wärme und Klarheit im Einsatz gegen das Vergessen hätten sie tief bewegt und geprägt. Ihr Tod sei ein tiefer Verlust, ihr Vermächtnis aber bleibe.