Artikel teilen:

Pflege-Arbeitgeber beklagen Zahlungsmoral von Sozialämtern

Immer mehr Alten- und Pflegeheime in Deutschland stehen vor finanziellen Problemen. Schuld sei auch mangelhafte Zahlungsmoral der Sozialämter, erklären Experten. Sie sprechen von “Beamtenmikado”.

Eine mangelnde Zahlungsmoral der Sozialämter bei Pflegeeinrichtungen beklagt der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP). Pflegeeinrichtungen gingen monatelang in Vorleistung, um die Versorgung von Pflegebedürftigen zu sichern, die auf Sozialhilfe angewiesen seien, erklärte Verbandspräsident Thomas Greiner am Mittwoch in Berlin. Auch diese Menschen hätten das Recht auf eine würdevolle und verlässliche Pflege. “Doch das Einzige, was von den Bummel-Sozialämtern zuverlässig kommt, sind Rückfragen und Verzögerungen.”

Greiner betonte, viele Heime seien dadurch in ihrer Existenz gefährdet. “Das Beamtenmikado der Sozialhilfeträger gefährdet diese Versorgungssicherheit und zwingt Pflegeanbieter in die Knie.” Er verlangte verbindliche Bearbeitungsfristen von maximal sechs Wochen, die Vereinfachung und vollständige Digitalisierung der Verfahren und Strafzinsen bei Zahlungsrückstand. “Es darf nicht sein, dass das Risiko staatlicher Untätigkeit weiter auf die Einrichtungen abgewälzt wird. Der Staat muss seinen Schutzauftrag gegenüber den Pflegebedürftigen erfüllen – und zwar jetzt, nicht am Sankt Nimmerleinstag.”

Eine Umfrage des Verbands katholische Altenhilfe und des Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege hatte kürzlich ergeben, dass viele Bewohner von Pflegeheimen wegen stark ansteigender Zuzahlungspflichten Sozialhilfe beantragen und dann teils lange auf die Auszahlung warten müssen. Der Zahlungsverzug der Sozialämter gefährde die Pflege, hieß es.

Laut der Umfrage beantragen mittlerweile rund 43 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen Sozialhilfe. Viele Sozialämter kämen aber mit der Bearbeitung der Anträge nicht hinterher. “Die Folge sind massive Außenstände, die Pflegebedürftige und Heime gleichermaßen belasten”, so die beiden kirchlichen Verbände. Fast alle Betroffenen warteten länger als ein halbes Jahr auf Bearbeitung.

Von den 8.166 Bewohnerinnen und Bewohnern, die laut Umfrage einen Sozialhilfeantrag gestellt hatten, sind 32 Prozent von langen Wartezeiten betroffen. Davon wiederum warten knapp 94 Prozent sechs Monate und länger auf einen positiven Bescheid. Selbst 12 Monate Wartezeit sind keine Seltenheit. Bei 60 Prozent der von langen Wartezeiten betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner liegen die Außenstände laut Umfrage bei mehr als 10.000 Euro.

Für die Pflegeheime bedeutet dies, dass sie über Monate hinweg für Unterkunft, Verpflegung und Pflege in Vorleistung gehen müssen, ohne zu wissen, wann das Geld fließt. 35 Prozent der betroffenen Einrichtungen haben inzwischen Außenstände von über 100.000 Euro. Fast jede dritte Einrichtung sieht ihre Liquidität ernsthaft gefährdet.