Weniger Patienten und weniger staatliche Mittel: Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in Deutschland hat sich 2022 erneut verschlechtert. Umstritten ist, ob die geplante Krankenhausreform etwas ändern wird
Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in Deutschland hat sich im Jahr 2022 abermals leicht verschlechtert. Rund zehn Prozent lagen im “roten Bereich” mit erhöhter Insolvenzgefahr, etwa 30 Prozent der Kliniken schrieben auf Konzernebene einen Jahresverlust. So steht es im am Donnerstag in Berlin und Essen veröffentlichten “Krankenhaus Rating Report 2024” des RWI-Instituts, des Institute for Healthcare Business sowie der Bank im Bistum Essen hervor.
Maßgeblich für die schlechtere wirtschaftliche Lage waren laut Report der Rückgang der staatlichen Ausgleichszahlungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie und inflationsbedingt steigende Kosten. Außerdem blieben die Behandlungszahlen auf einem niedrigen Niveau, auf das sie in Folge der Corona-Pandemie gefallen waren. Die stationäre Fallzahl legte 2023 zwar um etwa 2,3 Prozent zu. 2022 war sie bereits um etwa 0,8 Prozent gewachsen, nachdem sie 2020 aufgrund der Covid-19-Pandemie außerordentlich stark um 13,5 Prozent gesunken und auch im zweiten Pandemiejahr 2021 leicht um 0,3 Prozent zurückgegangen war.
Insgesamt zeigt eine Auswertung vorliegender Jahresabschlüsse aus den Jahren 2007 bis 2022, dass die Situation der Krankenhäuser in Ost-Deutschland am besten ausfällt, am schlechtesten in Bayern und Baden-Württemberg. Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft schneiden beim Rating und der Ertragslage signifikant besser ab als öffentlich-rechtliche Kliniken.
Auch die Investitionsfördermittel der Länder sorgen für finanziellen Druck: Bei ihnen gab es 2022 einen Zuwachs von 3,55 Milliarden Euro auf rund 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Der jährliche Investitionsbedarf der Krankenhäuser zum Substanzerhalt dürfte sich auf mindestens 5,9 Milliarden Euro belaufen, zuzüglich Universitätskliniken insgesamt auf 6,8 Milliarden Euro.
Kliniken schließen diese investive Lücke nur zum Teil aus eigener Kraft, so dass es zu einem Substanzverzehr kommt, betonten die Experten. Besonders stark war er erneut bei den ostdeutschen Krankenhäusern, die sich – von einer sehr guten Unternehmenssubstanz kommend – dem niedrigen Niveau der westdeutschen Krankenhäuser immer weiter annähern.
Boris Augurzky, langjähriger Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit am RWI in Essen und einer der Autoren des Reports, sieht auch für die Zukunft dunkle Wolken. Er erwartet weiter steigende Personalkosten auf Grund des Fachkräftemangels. Trotz der Alterung der Gesellschaft rechnet er durch zunehmende ambulante Behandlungen mittelfristig mit einer sinkenden Fallzahl an Krankenhauspatienten.
Ohne die geplante Krankenhausreform dürfte der Anteil an Krankenhäusern im roten Rating-Bereich von 14 Prozent 2023 auf 48 Prozent im Jahr 2030 steigen, heißt es im Rating Report. Der Anteil der Häuser mit Jahresverlust würde bereits 2024 den hohen Wert von rund 70 Prozent erreichen und bis zum Ende des Jahrzehnts dort verharren.
Der Krankenhaus-Rating-Report setzt dennoch darauf, dass die vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Strukturverbesserungen die Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser mittelfristig verbessern könnten – etwa durch die Schaffung größerer Kliniken sowie die Schließung oder Umwandlung kleinerer Häuser.
Das “Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz” soll Anfang 2025 in Kraft treten. Am Donnerstag hatte der Bundestag sich in Erster Lesung damit befasst. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betonte, die Reform werde nicht zu einem “Kahlschlag” führen. “Richtig ist, wir haben zu viele Krankenhäuser”, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Es brauche weniger Kliniken, dafür aber mehr Spezialisierung. Schwierige Behandlungen müssten zentralisiert, Krankenhäuser auf dem Land geschützt werden.