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Opferberatungsstellen an Belastungsgrenze

Die Beratungsstellen für Opfer rechter Vorfälle sprechen von einem Stimmungswandel im Land. Mit dem Überfall der Hamas hat sich die Lage insbesondere für Juden noch einmal verschärft.

Schon vor den Terrorangriffen der Hamas in Israel gab es viele antisemitisch motivierte Vorfälle
Schon vor den Terrorangriffen der Hamas in Israel gab es viele antisemitisch motivierte VorfälleImago / imagebroker

Der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt hat eine langfristige Finanzierung für Beratungsstellen gefordert. Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden innenpolitischen Auseinandersetzungen über Zuwanderung und Flüchtlinge arbeiteten die Beratungsstellen schon jetzt über ihrer Belastungsgrenze, teilte Dachverband der Beratungsstellen in Berlin mit. So fehle es an Planungssicherheit. Zudem seien Beratungsstellen oft unterbesetzt. Finanziert werden die Initiativen und Verbände bislang aus unterschiedlichen öffentlichen Quellen, teilweise vom Bund, teilweise von den Ländern.

Schon vor den Terrorangriffen der Hamas in Israel seien täglich durchschnittlich sieben antisemitisch motivierte Vorfälle registriert worden, hieß es weiter. Zugleich verschärfe sich mit den Wahlerfolgen der AfD die Bedrohungslage für Minderheiten, sagte Heike Kleffner vom Dachverband.

Rias: rasanter Anstieg antisemitischer Vorfälle seit dem Angriff der Hamas

Der Geschäftsführer des Bundesverbandes Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias), Benjamin Steinitz, verwies auf einen rasanten Anstieg antisemitischer Vorfälle seit dem Angriff der Hamas. So seien zwischen dem 7. und 15. Oktober von den elf Rias-Meldestellen 202 Vorfälle registriert worden, vor allem in den sozialen Medien. Dies sei ein Anstieg um 240 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. In einem Flyer sei der Terror der Hamas als Widerstand gegen Israel verharmlost worden. Zudem seien allein in Berlin zwölf Wohnhäuser, in denen vermeintlich Juden wohnen, mit Davidsternen „markiert“ worden und dienten somit auch als potenzielle Anschlagsziele.

 

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Steinitz stellte weiter eine zunehmende Normalisierung antisemitischer und rassistischer Positionen in der Mitte der Gesellschaft fest. Dabei verwies er auch auf die Stimmenzuwächse für die AfD bei den Landtagswahlen zuletzt in Bayern und Hessen. Rachel Spicker, Beraterin bei der Mobilen Opferberatung in Sachsen-Anhalt, sagte mit Blick auf Menschen, die den Synagogen-Anschlag von Halle vor vier Jahren miterlebten, dass der Hamas-Überfall auf Israel zu einer Retraumatisierung geführt habe. Bei dem Synagogen-Anschlag wurden unter anderem zwei Menschen getötet.

Beratungs- und Meldestellen müssten ausgebaut werden

Franz Zobel von der thüringischen Opferberatung Ezra schilderte eine aus seiner Sicht massive Verschärfung der Bedrohungslage etwa für Geflüchtete im Freistaat. Dabei verwies er unter anderem auf Beratungsfälle, in denen Mitarbeitern von Ausländerbehörden Willkür und Sicherheitspersonal von Sammelunterkünften Rassismus vorgeworfen werden. Beratungs- und Meldestellen müssten ausgebaut werden, weil sie oftmals die einzigen Unterstützungsstellen vor Ort seien, sagte Zobel.

Joschka Fröschner, Berater bei der Opferperspektive in Brandenburg, kritisierte unter anderem eine schleppende Strafverfolgung im südlichen Brandenburg. Im Gerichtsbezirk Cottbus herrsche faktisch Straflosigkeit für rechte Straftäter. Die sich oft über mehrere Jahre hinziehenden Gerichtsverfahren seien eine unerträgliche Belastung für die Opfer.