Die schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will das rund 30 Jahre alte Verfassungsschutzgesetz reformieren. Innenminister Herbert Reul (CDU) verwies am Montag in Düsseldorf auf die geänderte sicherheitspolitische Lage, technologische Entwicklungen und gestiegene rechtliche Anforderungen, die Anpassungen erforderlich machten. Der Gesetzentwurf trage zudem aktuellen Bedrohungslagen wie etwa dem anhaltenden Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine oder auch islamistischem Terrorismus Rechnung.
Der Gesetzentwurf wurde bereits vom schwarz-grünen Kabinett verabschiedet und geht nun in die parlamentarische Beratung. Er soll noch vor der Sommerpause in den Landtag eingebracht werden und nächstes Jahr in Kraft treten. Der bisherige Rechtsrahmen stammt den Angaben nach aus den 1990er Jahren. Mit der geplanten Reform erfülle das Land auch Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts, das in mehreren Urteilen neue Maßgaben in Bezug auf Eingriffsintensität, Datenschutz und Kontrolle im Verfassungsschutz gesetzt habe, hieß es. Das neue Verfassungsschutzgesetz ist auch Teil des Sicherheitspakets der Landesregierung nach dem Terroranschlag von Solingen.
„Mehr Kriege, Krisen und Konflikte fordern auch mehr Können für unsere Sicherheitsbehörden“, erklärte Reul. Desinformation und Cyberangriffe sowie Sabotage und Spionage seien „keine Eintagsfliegen“ mehr. „Unser demokratischer Rechtsstaat braucht einen Verfassungsschutz, der sehen, verstehen und handeln kann – mit klarem gesetzlichen Auftrag und – wie bisher – festen rechtsstaatlichen Grenzen“, betonte er.
Nach Angaben des Innenministers soll der Verfassungsschutz des Landes NRW damit mehr Befugnisse und Rechtssicherheit sowie gleichzeitig mehr Transparenz und Kontrolle bekommen. So soll unter anderem die die Befugnis zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung geregelt werden. Sie wird eingesetzt, um verschlüsselte Kommunikation über Messenger-Dienste überwachen zu können. So soll sie etwa Mails oder WhatsApp erfassen. Dadurch könnten Netzwerke von Extremisten und Terroristen besser aufgedeckt, enttarnt und zunichtegemacht werden, betonte Reul. Der Verfassungsschutz könnte künftig dort ansetzen, wo die Nachricht bisher nicht verschlüsselt sei, also an der eigentlichen Quelle.
Das geplante Gesetz soll dem Verfassungsschutz zudem den Zugriff auf Videoüberwachung im öffentlichen Raum geben. Reisewege von Extremisten, Terroristen oder auch Agenten fremder oder feindlicher Kräfte könnten damit leichter und vor allem schneller verfolgt werden, hieß es. Auch die präventive Spionageabwehr werde gesetzlich gestärkt, betonte der Minister. Auch würde die Wohnraumüberwachung von Tatverdächtigen ausgeweitet. Das nicht öffentlich gesprochene Wort könne künftig abgehört und aufgezeichnet sowie Bildaufnahmen und -aufzeichnungen hergestellt werden.